Mittwoch, 11. August 2010

10.06.2010 - Shetlands - Mainland - 130 km

Um 8.45 Uhr starte ich zum wohl noerdlichsten Punkt meiner Nordseetour - Firth auf Shetland-Mainland. Wetter heiter bis wolkig, kraeftiger Wind mal von vorn, mal von hinten, mal von links, mal von rechts. Fuer Insulaner ist es nahezu windstill. Es ist kuehl, in der Sonne 18 Grad, im Schatten 11 Grad. Und es geht immer rauf und runter (Fakten folgen spaeter, wenn ich den Tacho ausgewertet habe).
Die Landschaft ist sehr karg, keine Baeume, kaum mal ein Strauch, nur Moor, Weiden und Steine.

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Unendlich viele Schafe (eins wollte mir ins Rad laufen, hat aber im letzten Moment erkannt, dass das fuer mich und das Schaf (war natuerlich ein Schwarzes) ungut ausgehen koennte; sehr viele ganz junge Laemmer (statt Ostern kommen diese wohl aufgrund der klimatischen Bedingungen viel spaeter auf die Insel). Selten mal Kuehe und kaum Pferde, wenn sind es fast immer Ponys. Fast ueberall sieht man auf der Tour Wasser, da die Strassen sich an der zerkluefteten Kueste meist langschlaengeln. Stellenweise wird Torf gestochen, der nach Trocknung als Brennmaterial eingesetzt wird.

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Lerwick als Hauptort ist relativ gross, alle anderen Orte wie Voe, Brae, Firth, Laxo, Scalloway oder Veenengarth sind sehr klein. Unterwegs sieht man sehr viele Hoefe, die von der Schafzucht wohl ueberwiegend leben.

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ImWasser sieht man immer wieder Aquakulturen. Es werden vornehmlich Lachs und Austern gezuechtet.
Der Bezug zu den Wikingern ist ueberall unverkennbar, Strassennamen, Ortsnamen (z.T. mit Hinweisen auf den norwegischen Bezug), nicht verwunderlich, da Oslo deutlich naeher ist als London und die Wikinger wohl als erste auf den Shetlands gelebt haben.
Tourismus ist eher unbedeutend, wie mir eine Hotelinhaberin in Brae erklaerte, da die Anreise eben aufwendig und teuer sei. Man lebt von Geschaeftsreisen, hat mich ein wenig verwundert, welche Geschaefte man auf den Shetlands machen kann, hat sich mir bisher nicht erschlossen. Aber der Kaffee und ein Kuchenbroetchen mit getrockneten Fruechten, Cream und Marmelade waren sehr lecker und der Preis von £ 1,50 hat mich mehr als ueberrascht.
Um 16.30 Uhr komme ich nach 130 anstrengenden Kilometern ziemlich geschafft wieder in der JHG an und kann mein Zimmer beziehen und duschen. Herrlich. Nach der ersten Waesche geht es in die Stadt, um Lebensmittel einzukaufen, lange Tour, bis ich dann doch noch einen Laden finde.
Die JHG ist uebrigens sehr ansprechend, von aussen und von innen.

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Jetzt geht es noch eine Kleinigkeit essen und dann ins Bett. Gute Nacht.
So das wars erstmal. Mal sehen wann ich wieder ins Netz komme.

Montag, 5. Juli 2010

02.07.2010 - Rueckfahrt Hoek van Holland - Hamburg

Um 7,45 Uhr beginnt die Ausschiffung in Hoek van Holland nach einem wenig empfehlenswerten voellig ueberteuerten Fruehstueck (EURO 12,50 vor Ort, EURO 11,00 bei Vorausbuchung) auf der hochmodernen, in der Ausstattung der Kabine und der Restaurantdecks einem Kreuzfahrer nahe kommenden Faehre STENA HOLLANDICA.
Den Zug nach Rotterdam Centraal um 8.22 Uhr muessen die Radfahrer wieder verlassen, da man erst ab 9.00 Uhr mit Fahrrad die Nahverkehrszuege benutzen darf. Der Fuehrer des naechsten Zuges um 8.37 Uhr ist da human und laesst alle mitfahren. Dadurch habe ich noch eine knappe Stunde Aufenthalt in Rotterdam fuer einen Kaffee in Bahnhofsnaehe in bereits heisser Sonne. Weiter geht die Reise nach Amersfoort, wo ich in den IC nach Stettin/Polen umsteige und noch in den Genuss einer kostenlosen Sauna komme. Da die Bahn in Holland mit einer niedrigeren Stromversorgung der Aggregate als in Deutschland faehrt, spielt die Klimaanlage verrueckt und statt Kuehlung gibt es Erwaermung und das bei 30 bis 35 Grad Aussentemperatur. Nach der deutschen Grenze wird es zwar kfr. besser, aber nicht laenger als 10 Min. Insofern ist der naechsten Umstieg in Osnabrueck eine Erloesung nach 2 1/2 Stunden, auf dem Bahnsteig bei ca. 32 Grad fuehlt man sich sogleich richtig erfrischt.
Viele internationale Umsteiger, ein Japaner auf Europareise mit Fahrrad und Rucksack, drei Kanadier mit Rucksäcken ebenfalls, nette Kerle.
Nach knapp einer Stunde (mit Fahrrad darf man nicht den ICE benutzen) geht es per IC nach HH Harburg, wo ich sehnsuechtig von Frauke erwartet und innigst empfangen werde. Auch Christoph ist von der Arbeit mit Motorrad zur Begruessung gekommen. Dafuer vielen Dank.
25 Tage sind fast wie im Fluge vergangen, 20 1/2 Tage auf dem Rad waren interessant, wobei die letzten Tage sich doch etwas hingezogen haben, das sich die Landschaft nur sehr unwesentlich veraenderte und ich die Heimkehr dann doch herbeigesehnt habe.

Donnerstag, 1. Juli 2010

01.07.2010 - Kettleburgh - Harwich - 135 km

Um 8.30 Uhr geht es bei weiterhin Topwetter auf die letzte Etappe von ca. 120 km. Der Rest folgt entweder in Harwich in der Library oder von zu Hause.
So nach einem heissen Tag mit staendigem Auf und Ab bin ich noch 37 km von Harwich entfernt in Colchester, der aeltesten Stadt Englands heil angekommen. Auf dem Weg gab es wie auch an den vorhergehenden Tagen nichts Aufregendes zu sehen.
Bei einer Mittagspause in Hadleigh zwischen Ipswich Town und Colchester gelegen, spricht mich ein aelteres Rentnerpaar aus der Naehe von London (bei Stanstead) auf mein Rad und die Tour an. Wir unterhalten uns intensiv ueber die Schoenheiten Englands und Deutschlands, wobei ich den beiden natuerlich einen Besuch Hamburgs und auch Muenchens ans Herz lege.
Gespraeche von Rad zu Rad mit einem Rennrad fahrenden Schotten bei der Ausfahrt aus Woodbridge, den es 4 Jahre vor seinem Eintritt ins Pensionsaerdasein im vergangenen Jahr in die Naehe von Ipswich verschlagen hat, und einem jungen Rennradfahrer kurz vor Colchester, der wie ich in der Naehe von Framlingham gestartet ist und nach London will, um sich dort mit einem Freund zu treffen und dann noch heute Abend gemeinsam mit dem Rennrad zurueckzufahren (gut 200 km fuer heute). Beide sind von meiner Tour sehr angetan, der junge Radler hat kuerzlich mit seinem Freund beschlossen, die NSCR in einigen Jahren ebenfalls in Angriff zu nehmen.
Dem Gespraech verdanke ich ein erneutes Verlieren der Route, muss ein Schild uebersehen haben, lande auf dem Radweg direkt neben der Autobahn (ohne Leitplankenschutz oder dgl.). Nach zwei Rueckfragen finde ich aber den Weg ins Stadtcentrum dieses schoenen Staedtchens, das sehr belebt und vom Verkehrsinfarkt akut bedroht ist. Im Centrum liegt das Schloss mit einem herrlichen Schlosspark.



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Dort ins Touri-Infocenter, die mir den Weg zu einem internetcafe, das von Behinderten betrieben wird, zeigen, wo ich nun meinen letzten Bericht auf der Insel ins net stelle.
Alles sehr gut gelaufen und die letzten km werden es wohl auch werden. Bin sehr zufrieden und freue mich unheimlich auf zu Hause.
In diesem Sinne Tschuess bis demnaechst, wenn ich definitiv verschiedene Bilder von meinen drei Touren 2007, 2008 und 2010 einstellen werde.
Die letzten 600 km zur Vervollstaendigung der Runde folgen 2011. Und dann ist es vollbracht, einen meiner Traeume habe ich dann gelebt.
ERGAENZUNG:
Aus Colchester raus spricht mich ein Englaender an, der intensiv Rad faehrt und im Mai von Newcastle nach John O'Groats mit seiner Frau in 14 Tagen geradelt ist. Netter Kerl, wuenscht mir einen entspannten Ausklang meiner Tour und avisiert mir eine besonders schoene Strecke auf dem Weg von Colchester nach Wivenhoe, einem alten, sehr gut erhaltenen Staedtchen wenige Kilometer von Colchester entfernt. Hat nicht zuviel versprochen, durch kleine Waeldchen geht es auf einem Damm entlang eines kleinen Flusses und Wivenhoe ist wirklich ein sehr nett anzuschauendes Staedtchen.
Weiter gehts nach Harwich, fast immer leicht bergab, sehr angenehm, zumal der Wind wie erhofft von hinten kommt. Einfahrt nach Harwich hinten herum entlang der Uferpromenade, wo ich meine Faehre gerade einlaufen sehe. Beim Versuch ein Restaurant fuer mein letztes Abendessen auf der Insel zu finden, scheitere ich. Letztlich lande ich bei einer Take-away-Pizzeria und labe mich an einer solchen sehr gut schmeckenden. Als Nachtisch gibt es aus dem Supermarkt eine Dose Pringles und vier Dosen Bier fuer die Faehre.
Nach 6 km extra, da ich mich auf einen bestimmten Kreisverkehr total fokussiert hatte, musste ich 3 km zurueck fahren, komme ich endlich am Faehrhafen an, wo ich auf diverse englische Radler stosse, die alle aus Anlass des Starts der Tour de France in Rotterdam fuer einige Tage nach Holland zum Tour-Atmoshaere-Schnuppern und z.T. zu einer anschliessenden kleinen Tour durch Holland die Insel verlassen.
Um 21.15 Uhr geht es auf die Faehre und nach herrlicher Dusche und zwei Abschlussbieren (die letzten engl. Pfund mussten weg) und einem netten GEspraech mit einem deutschen LKW-Fahrer geht es ins Bett.
Die technischen Daten:

Heute: Puls 100, Schnitt 18,0 km/h, 650 Hoehenmeter, 2 % Steigung im Schnitt, max. 12 %, Temp. von 19 bis 31 Grad.

GESAMTKILOMETER auf der Insel 2.320, davon 1.303 in Schottland und 1.017 in England an 20 1/2 Tagen bei insgesamt 2 Stunden Regen am 2.Tag auf den Shetlands.

30.06.2010 - Reepham - Kettleburgh - 120 km

Der heutige Tage ist schnell erzaehlt. Nach dem wie fast immer ordentlichen Fruehstueck geht es gg. 8.30 Uhr auf die vorletzte Etappe. Wiederum bei herrlichem Sommerwetter durch eine mir inzwischen seit Tagen bekannte Landschaft fast ausschl. ueber Nebenstrassen mit minimalem Autoverkehr. Heute sind indes mehr Baeume auf dem Weg vom County Norfolk in das County Suffolk zu sehen, die Schatten spenden, und es sind vermehrt Roggen-, Raps-, Erbsen- und Bohnenfelder zu sehen. Kurz vor Framlingham komme ich sogar an Weinrebenanbauflaechen vorbei.
Groesste Stadt ist Norwich, nicht aufregend, aber Anlass einen kurzer Stopp nach 25 km fuer eine Tasse Kaffee zu machen. Weiter nach Beccles, kurze Mittagspause auf dem Markplatz, wo mich bei der Bestellung ein bierseliger Englaender an der Bar mit dem Satz "Thats true money, not Euros" anspricht - ob er damit so richtig liegt, wollen wir mal dahingestellt sein lassen. Weiter nach Halesworth, wo ich bei Kaffee und einem Ministueck Kuchen mit einem wandernden Ehepaar aus Portsmouth ins Gespraech komme. Anschliessend komme ich nach Peasenhall, offenbar das Zentrum der Erbsen (Pea), hier wird ueberall auf das Pea Festival hingewiesen, welches Mitte Juli stattfindet - also wer dabei sein will, am Tage des WM-Finales ist es soweit.
Heute habe ich mich zunaechst immer ca. 5 bis 10 km hinter der Nordseekueste Richtung Suedost bewegt, bevor ich ab Beccles dann in Richtung Suedwest und damit wieder gg. den am Nachmittag aufkommen Wind bewegt habe.
In Kettleburgh (ein Nest mit 200 Einwohnern, wobei die meisten Einwohner lt. Gastgeber taeglich mit Auto und Zug hin und zurueck 4 Stunden gen bw. von London zur Arbeit utnerwegs sind) gehts in Chequers Inn, im ersten Moment ein Schock. Aber dann ist das Zimmer in einem Extragebaeude im grosszuegigen Garten sehr schoen und Speisen und Getraenke auch.
Die technischen Daten:
Puls 99, Schnitt 17,5 km/h, 6 Std. 50 Min Fahrzeit, 450 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 2 %, max. 13 %, Temp. 19 bis 31 Grad.

01.07.2010 - Schottland, der Versuch einer Nachbetrachtung

Schottland, einfach schoen, aber auch in sich widerspruechlich und immer wieder anders.
Shetlands und Orkneys ebenso wie die Highlands mit ihrer Kargheit, ihrer Ruhe beeindruckend, beeindruckend anders. Man geniesst die Einfachheit der Landschaft und ist enttaeuscht wenn ein Auto die Ruhe unter- und in die Kargheit einbricht. Andererseits ist dr Zerfall von Haeusern ein Zeugnis fuer die Lebensfeindlichkeit und fehlenden Perspektiven fuer die Menschen in diesen Regionen. Die Jugend ist ihnen abhanden gekommen. Die Rueckkehr von Rentnern zu ihrem Ursprung kann diese Entwicklung wohl kaum mehr umkehren. In den kleinen Orten und Staedten sind die Spuren der Auswanderung nach Uebersee (insbes. USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Suedafrika) in den zureuckliegenden Jahrhunderten und in die Centren Aberdeen und Edinburgh in den vergangenen Jahrzehnten mehr als deutlich zu sehen. Aberdeen mit seiner Oel-, Gas- und Offshorewirtschaft und Edinburgh als politisches und historisches Zentrum mit sehr viel Tourismus sind die Zentren Schottlands und damit Ziel vieler jungen Menschen, nicht nur aus Schottland.
Was ist haengen geblieben?
Ein wunderschoenes Land, dass ich auf jeden Fall noch einmal besuchen moechte - nicht mit dem Fahrrad, denn soviel Wetterglueck wie ich hatte (nur 2 Stunden Regen in 14 Tagen) kann man eigentlich gar nicht haben, aber mit dem Auto und dann vornehmlich die Westkueste, die nach den Erzaehlungen derer, mit denen ich gesprochen habe, aufgrund ihrer noch intensiveren Kargheit und atemberaubenden Kuestenabschnitte den Inseln und Highlands sehr aehnlich sein soll.
Die Schotten tragen ihre Roecke nur zu besonderen Anlaessen, dann aber auch die Jugendlichen.
Angeln werden auf dem Auto mit Halterungen auf Motorhaube und Dach transportiert.
Ein Museum ist wohl in fast jedem Ort vorhanden, was auch immer man dort dem geneigten Besucher zeigt - das schottische Nationalmuseum war von der GEstaltung her sehr interessant, die Ausstellungen fuer mich hingegen nicht so sehr.
Je weiter man im Norden ist, desto mehr Altautos sieht man in den Gaerten bzw. auf den Grundstuecken stehen. In Einzelfaellen konnte man auf den Inseln und in den Highlands die gesamte automobile Historie einer Familie sehr anschaulich nachvollziehen. Suedlich von Inverness gibt es dann offenbar ein Entsorgungssystem.
Jeder Ort (wirklich jeder) hat einen Bowling-Club, in dem die Senioren auf einem Rasen der um Laengen besser zu sein scheint als in Wimbledon, eine spezielle Art von Boccia oder Petanque spielen.
In jedem etwas groesseren Ort sind mind. vier Banken vertreten. Womit dieses ihr Geld verdienen bei der geringen Anzahl von potentiellen Kunden erschliesst sich mir nicht.
Nicht nur die Bank von England bzw. von Schottland darf Geldnoten ausgeben, auch drei weiteren Geschaeftsbanken. Kommt man indes nach England, ist es ratsam, die schottischen Banknoten spaetestens in Newcastle ausgegeben zu haben, da dieses in Geschaeften usw. suedlich davon i.d.R. nicht mehr akzeptiert werden - so erzaehlte mir meine Gastgeberin in Longhoughton, die mir meine schottischen Banknoten gg. englische einwechselte.
Maltwhisky schmeckt um Laengen besser als Blended Whisky, den wir in der Regel in Deutschland trinken. Dann mit Cola, damit er besser schmeckt. Ein guter mind. 10 Jahre alter Maltwhisky pur oder mit einem Tropfen des einheimischen Wassers ist ausserordentlich mild und brennt in keinster Weise beim Abgang.
In diesem Sinne Cheerio Scotland.

Dienstag, 29. Juni 2010

29.06.2010 Wisbech - Reepham - 114 km

Heute Nacht hat es tatsaechlich geregnet und das nicht wenig, wie ich an den Pfuetzen und Dreckansammlungen auf den Strassen und Wegen spaeter sehe. Nach dem ersten Continentalbreakfast seit wievielen Tagen? Ich weiss es nicht, aber Broetchen, Kaese und Croissant ist auch mal nicht schlecht. Um 8.00 Uhr geht es bei 18 Grad und bedecktem Himmel los. Dunkle Wolken sind zu sehen, voellig ungewohnt. Ich fahre tatsaechlich mit kurzaermligen Windbreaker zum ersten Mal seit Tagen wieder los. Auf den ersten 25 km geht es weiter durch Marschland - es ist wie gestern, langweilig. In King's Lynn ist das Elend einer unbedeutenden englischen Hafenstadt zu sehen, hohe Arbeitslosigkeit und extreme Unterschiede zwischen Arm und Reich. An Industrie ist hier wohl eine Fabrik von Dow Chemical angesiedelt - ansonsten?
Raus aus dieser eher trostlosen Stadt wird es wellig, ich fahre oberhalb von The Wash mit Blicken auf die Nordsee wieder durch Hecken. Der Tag ist bis auf ein Eichhoernchen, das mich am Strassenrand ein paar Meter begleitet, ereignislos. Einige Radler, alle nicht an Gespraechen interessiert, ich auch nicht, ich will jetzt nach Hause.
Der naechstgroessere Ort ist Burnharm Market, hier geniesse ich ein Baguette Prawn Mary Rose (Krabben mit Rosa Sauce, echt lecker). Weiter geht es durch Burnham Thorpe, dem Geburtsort des am 29. Sep. 1758 geborenen englischen Seeheldens Lord Nelson. In diesem kleinen Ort hat fast jedes Haus einen Bezug zum beruehmtesten Buerger, den er hervorgebracht hat.
Weiter geht es nach Fakenham, wo ich in der Library heute mal direkt meine Berichte fuer gestern und heute einstellen kann.
Ab hier sind es noch ca. 270 km bis nach Harwich, u.a. durch das Land von Robin Hood, die werde ich hoffentlich auch noch ohne Probleme schaffen. In diesem Sinne bis bald.
Beim Verlassen der Library ist der Ort in heller Aufruhr, ein Rettungshubschrauber ist gelandet, offenbar hat es einen dramatischen Notfall gegeben. Wie zu Hause sind die Englaender ebenfalls alle sehr neugierig und gaffen. Die letzten gut 25 km verlaufen wie der ganze vorherige Tag, nichts aufregendes.
Mein Fahrrad bekommt heute seinen Platz ueber Nacht in einem Konferenzraum des Hotels, wobei der Weg dorthin durch Restaurant, Bar und andere Raeumlichkeiten verlaeuft. Mal was Besonderes fuer ein doch arg strapaziertes Fahrrad nach 2065 gefahrenen Kilometern.
Die technischen Daten:
Puls 101, Fahrzeit 6 Std. 25 Min, 580 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 2 %, max. 15 %, Durchschnittsgeschw. 17,6 km/h, TEmp. 18 bis 30 Grad.

Montag, 28. Juni 2010

28.06.2010 - Lincoln - Wisbech - 124 km

Nach einer durch die Waerme nicht ganz so erholsamen Nacht gibt es um 7.30 Uhr ein eher maues Fruehstueck. Kurz vor 8.30 Uhr mache ich mich auf dem lt. Routenprofil auf der Karte absolut flachen Streckenabschnitt nach Wisbech auf den Weg. In Lincoln steht der Berufsverkehr. Auf dem Rad kein Problem. Auf einer von der immerhin schon 12 Jahre alten Karte abweichenden Strecke geht es nahezu staendig am River Whitham auf autofreien Wegen entlang, manchmal etwas holprig (man koennte den Eindruck haben, die Strassenbauer waren beim Anlegen der Wege betrunken, man wird heftigst durchgeschuettelt). Bei strahlendem Sonnenschein und fast absoluter Ruhe (nur die Voegel zwitschern und nur beim Kreuzen von Strassen hoert man Zivilisationsgeraeusche und das Knarren der immer wieder zu durchfahrenden Absperrtore auf dem Weg) kann ich den Tag geniessen und erreiche nach knapp 60 km und 3 Std Fahrzeit Boston, die naechste groessere Stadt auf dem Weg.
Hier finde ich die Library und kann mal wieder die Berichte unter Mithilfe von Katharina einstellen.
Boston selbst ist eine schmucklose Stadt am Rande einer grossen Bucht der Nordsee - The Wash, heisst so, weil es hier im Winterhalbjahr wohl haeufig recht neblig ist.
Als ich aus der Library rauskomme, spricht mich eine Englaenderin auf mein Rad und meine Tour an. Sie erzaehlt, dass sie und ihr Freund auch grosse Tourenradler sind und offenbar ihre Urlaube auf dem Rad bei langen Touren durch England aber insbesondere Kontinentaleuropa verbringen, u.a. Koeln - Rom, den Pilgerweg nach Santiago de Compostela in Nordspanien, Suedfrankreich und, und ......
Ansonsten ist der weitere Verlauf des Tages eher langweilig und durch die bruetende Hitze belastet. Stundenlang durch Marschlandschaft zwischen Weizen, Kartoffeln und Zwiebeln und ab und an ein paar Kuehen, Schafen und Pferden. Landleben pur, wie in Dithmarschen oder Friesland.
Kurzes Gespraech mit einem engl. Tourenradler irgendwo im Nirgendwo, Fastzusammenstoss mit einem Dachs und bei einer kurzen Pause mit zwei Kuchenstuecken aus dem Supermarkt in Holbeach (kein Cafe zu finden) hoere ich die Englaender ueber das Aus bei der WM beim lamentieren zu. Der Linesman und der Referee, Fabio Capello und die FIFA w/fehlender elektronischer Hilfsmittel, alle haben die Schuld. Aber ansonsten wird auch fair zugestanden, dass wir die Besseren waren, die Englaender poor football geboten haben und die Stars alle ausser Form gewesen waeren. Auch im Fernsehen mit Gary Lineker (ehemaliger Goalgetter der Englaender) und jeweils mit drei Fussballexperten erkennen neidlos an, das wir das deutlich bessere Team waren. Nun warten alle auf den Ruecktritt von Fabio Capello. Ach ja, war seit Qualifikation der Englaender fuer das Achtelfinale die rot-weisse Beflaggung mit den drei Loewen deutlich angewachsen, so sind am Tag danach die Flaggen weitgehend verschwunden und vereinzelt haengen die Fahnen auf Halbmast.
Wieder einmal nimmt der Wind am Nachmittag deutlich zu, wird z.T. heftig und ich darf dagegen ankaempfen.
Nach kurzer Suche finde ich ziemlich fertig mein Elm Hall Hotel in Wisbech, ziemlich weit ausserhalb der Stadt. Essen, Trinken, Fernsehen, Schlafen.
Die technischen Daten: Puls 100, Durchschnittsgeschwindigkeit 19,3 km/h, Fahrzeit 6 Std. 25 Min, tatsaechlich noch 41 Hoehenmeter (da sieht man mal was Bruecken und Daemme bewirken koennen, zumal die max. Steigung 13 % betrug). Temperaturen min. 20, max. 38 Grad.

27.06.2010 - Welton - Lincoln - 101 km

Der Tag der Wahrheit. Oder wie kann ich unbehelligt das Spiel, vor dem die Englaender sich so sehr fuerchten, sehen. Also wann gibt es Fruehstueck am Sonntag, ab 8.00 Uhr, ich stehen puenktlich auf der Matte und nach einem wiederum vorzueglichen Morgenmahl geht es kurz vor 8.30 Uhr los. Es sollte der bisher heissestes Tag werden. Bin wohl noch nicht richtig wach, finde den Weg aus Welton hinaus auf meine Route nicht, erstmal zweimal ca. je einen Kilometer bergan mit der Erkenntnis, war mal wieder nix. Endlich finde ich den Weg Richtung Humber Bridge. Die gut 3 km lange Bruecke fuehrt mich ueber den River Humber in einen huegeligen Abschnitt Richtung Lincoln. Am Fusse der Bruecke bereitet sich Hunderte von Laeufern auf einen Halbmarathon ueber die Bruecke vor. Mit mir faehrt eine Gruppe von ca. 30 Rennradfahrern auf die Bruecke. Auf der anderen Seite in Barton verfranse ich mich doch gleich wieder zweimal, Umweg 4 km. Mein Zeitfenster wird enger. Endlich bin ich wieder auf der richtigen Strecke, leider richtig wellig und z.T. lang und steil. Beim Umschlagen meiner Streckenkarte und einem kleinen Imbiss (Powerriegel) halten drei engl. ennradfahrer an. Themen: Fussball und Radeln. Sie sind von meiner Tour beeindruckt, der eine meint, er koennte bei seinem Bauch auch ein entsprechendes Radtraining gebraucht. Wir machen uns auf den jeweiligen Weg. Ohne weitere Gespraeche bei Begegnungen mit diversen Rennradlern und drei Tourenradlern durch Heckenlandschaft erreiche ich ziemlich fertig und ausgedoerrt Lincoln. Nach kurzer Suche und einer Rueckfrage finde ich meine B&B-Unterkunft gg. 14.30 Uhr und kann in Ruhe das Spiel geniessen.
Anschl. wage ich mich doch auf die Strasse, um einen Happen zu essen und finde eine wunderschoene Stadt vor, in der Alt und Neu sehr schoen miteinander korrespondieren. Die Waterfront am River Whitham ist sehr ansprechend mit unheimlich vielen Bars und Restaurants sowie einer Marina fuer Yachten und Hausboote. Lincolnshire ist fuer Urlaub im zu mietenden Boot auf den dortigen Wasserstrassen bekannt.
Die technischen Daten:
Puls 123, Schnitt 18,5 km/h, Fahrzeit 5 Stad 30 Min, 635 Hoehenmeter, Schnitt 2 %, max. 12 %, Temp. 19 bis 34 Grad, Wind meist leicht von vorn.

Samstag, 26. Juni 2010

26.06.2010 - Easingwold - Welton (bei Hull) 112km

Nach einem sehr guten Fruehstueck mit einem Ehepaar aus Guilford bei London und einem laengerem Gespraech mit Sue geht es gg. 9.30 Uhr Richtung York. Der Wind kommt heute erstmals richtig von vorn, aber die Sonne scheint und es wird nach zwei kleineren Anstiegen zwischen der Farm und Easingwold flach. Herrlich. Einfahrt nach York problemlos, wo ich die Berichte der letzten drei Tage und fuer heute Vormittag in der Touri-Info ins Net stelle. So jetzt ein wenig York besichtigen und dann die Fahrt nach Hull geniessen.

Bei einem Rundgang durch die Stadt York bekomme ich einen sehr positiven Eindruck von dieser historisch bedeutsamen Stadt. Die Kathedrale

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sieht von aussen sehr gut aus, von innen hat sie indes nicht so viel zu bieten (vermutlich bin ich noch den den roemischen Kirchen zu sehr gepraegt). Bei phantastischem Wetter vibiriert es an diesem Samstag in der Fussgaengerzone. Die alten Haeuser verspruehen Atmosphaere. Leider gibt es nicht soviele Strassencafes mit Aussenplaetzen. Nach laengerem Durchstreifen der diversen Fussgaengerstrassen finde ich auf einem Platz ein schattiges Plaetzchen. Mit einem Englaender aus Sheffield, der fuer den Samstag nach York gekommen ist, komme ich schnell ins Gespraech. Natuerlich dreht sich das Gespraech ums Radeln, wobei er mit seiner Frau offenbar jedes Jahr durch Kontinentaleuropa radelt und von tollen Touren durch Frankreich, Oesterreich, Ungarn und Deutschland erzaehlt. Nebenan sitzen eine Deutsche mit ihren beiden Kindern. Sie erzaehlt mir, dass sie mit ihrer Familie beruflich bedingt (der Ehemann) seit etlichen Jahren in London und nunmehr in York lebt und das Leben und die Atmosphaere in der Stadt sehr positiv beurteilt. In York gibt es eine groessere deutsche Kolonie, die sich offenbar zusammen das Spiel D - ENG anschauen wird. Sie arbeitet auch gelegentlich als Touristenfuehrerin.
York wird von einen River durchzogen (Name habe ich gerade nicht zur Hand) - wunderschoen, die Waterfront ist im Zentrum bebaut mit Open-Air-Gastronomie. Sobald man aus der Stadt herauskommt, sind diverse Freizeitangebote direkt am bzw. auf dem Fluss, die bei dem Wetter auch intensiv genutzt. Erinnert sehr an unsere Alster in Hamburg.

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Auf dem Weg aus York hinaus sehe ich eine Radveranstaltung - in York fand vom 18. bis 27.6. eine Radwoche statt. U.a. wird ein kostenloser Radservice angeboten, den ich fuer eine Optimierung meines Reifenluftdrucks nutze.
Weiter gehts ueber eine Pferderennbahn, die man auf dem Weg nach Selby zweimal ueberqueren muss, und einen ehemaligen Eisenbahndamm, ueber den es mehr als 20 km ohne Autoverkehr Richtung Selby, der naechstgroesseren Stadt auf dem Weg nach Hull geht. Kurz vor dem Ort treffe ich einen Englaender mit Tourengepaeck, der vor 6 Tagen in Nordirland gestartet ist und am Sonntag zu Hause in Derbyshire sein will, er uebernachtet in Selby. Selby selbst ist eine alte Industriestadt, die die besseren Tage hinter sich hat.
Da ich in Selby meine Richtung von Sued nach Ost aendere, hoffe ich, dass der mir bereits den ganzen Tag ins Gesicht wehende leichte Wind dann schraeg von Seite von hinten kommen wird. Typischer Fall von Denkste!!! Der Weg dreht just zu diesem Zeitpunkt und frischt auf, natuerlich genau von vorne. Auf offener Flaeche (da helfen auch die Hecken und kleineren Baeume nichts) gilt es, den Kampf mit dem unsichtbaren Feind aller Radfahrer zu bestehen. Hinzu kommt, dass es dann doch wieder ein wenig auf und ab geht (insgesamt kommen gleichwohl nur 210 Hoehenmeter zusammen). Als einzige erwaehnswerte Stadt ist noch Howden zu erwaehnen, alle anderen Orte auf der Strecke waren mal wieder mehr als ueberschaubar (wie sagte doch ein Englaender gestern zu mir, in England ist deutlich duenner besiedelt als Deutschland, was m.E. aber nicht ganz stimmt. Am schlammigen River Humber mache ich noch ein kurzes Paeuschen zur Staerkung fuer die letzten Kilometer. Kurz vor Welton mache ich dann Bekanntschaft mit dem Gateman!!?? An einem Eisenbahnuebergang muss ich warten, da zwei Zuege durchkommen. Ein Hinweisschild fordert dazu auf "Ring the Gateman" - also dem Schrankenwaerter. Eine Spezie, die m.W. in D laengst ausgestorben ist, hier sitzen an diversen Bahnuebergaengen noch Schrankenwaerter, die aber die Schranken wie hier nur dann hochmachen, wenn ein Fussgaenger oder Radfahrer oder Autofahrer ueber die Gleise will (in anderen Faellen sperren indes die Schranken die Gleise, die im Falle eines durchkommenden Zuges dann auf die Strasse geschwenkt werden.
Nach hartem Kampf erreiche ich schliesslich The Green Dragon in Welton. In Welton findet ein Musikfestival statt, so dass bis 23.30 Uhr an Schlafen nur bedingt zu denken ist, da im Gruenen Drachen alle 30 Minuten eine andere Band aufspielt. Gleichwohl schlafe ich irgenwann ein.
Die technischen Daten: Puls 116, Durchschnittsgeschw. 19,0 km/h, Fahrzeit 5 Std. 50 Min, Steigung im Schnitt 2 %, max. 14 %, Temp. min. 22, max. 31.

25.06.2010 - Haswell Plough - Easingwold - 121 km

Nach meinem ersten englischen Fruehstueck (nichts fuer mich die Sausages, der Bacon und der Black Pudding) gehts um kurz vor halb neun auf den Weg nach Easingwold. Es wird mein schlimmster Tag als Radler in Great Britain. Wetter unveraendert Top, aber dann.
20 km Schotterpiste, nun ja, 35 km durch Stockton on Tees und Middlesborough, Grande Katastrophe. Weghinweisschilder widersprechen sich staendig selbst, man hat das Gefuehl man wird verar..... Nachfragen bringen nicht soviel. Also Richtung Towncentre und Fluss, Sonne hilft bei Orientierung. Hinzu kommt ein Hindernisparcours erster Guete, Pforte auf, Pforte zu, Rad durch Verengungen zwaengen, ueber Querbalken heben und einmal ueber eine 1,50 m hohe Pforte. Ich habe nach diesen 55 km die Schnauze ziemlich voll, hinzu kommt, das es am vermeintlichen Ende des Martyriums in einem Restaurant dann auch noch einen Kellner gibt, der mit Macht kein Trinkgeld haben will - so ein schlechter Service.......! Hatte wohl ne schlechte Nacht.
Endlich wieder laendliches Gebiet, wie immer Hecken, Weiden, Waelder, landwirtschaftl. Flaechen, kleinste Orte und hammerharten Anstiege von bis zu 25 %, z.T. auf nicht asphaltierten Wegen. Also Schieben. In den North York Moors

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verpasse ich einen total verwitterten Hinweis auf einer Holztafel und ende auf einem Pfad einen Huegel hoch, der irgendwann nur noch aus Geroell besteht.

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Endlich sehe ich unter mir einen Radweg, ca. 150 m unter mir!!! Wieder runter und da sehe ich dann den Hinweis von der Seite, von der man als Radler normalerweise nicht kommt (die war der Witterung nicht so auasgesetzt). Weiter gehts extrem steil rauf unter runter durch eine Landschaft, wie mich sich England und hier Yorkshire sich vorstellt. Tolle Natur, einfach schoen.
Endlich erreiche ich nach 109 km meine Thornton Lodge Farm, auf der Sue und Bill Raper Pferdezucht betreiben und Turniere usw. veranstalten.
B&B-Acommodation ganz i.O., ausser dass im Bad Familienanhang besteht. Zum Essen fahre nach Easingwold, hin und zurueck 12 km. Wieder nur ne Kleinigkeit, dieses mal Canelloni.

24.06.2010 - Longhoughton - Haswell Plough - 115 km

Nach einem wunderbaren Fruehstueck von Christine verabschiede ich mich um 8.45. Uhr. Vorbei an Kuestenabschnitten und durch viele Weiden mit Kuehen und Schafen geht es Richtung der Three Rivers (Tyne, Wear und Tees). Nachdem gestern die Fahrt entlang von Hecken und Mauern ging, fehlen diese heute fast vollstaendig. Viel Getreide und Kartoffeln werden angebaut. Diverse Vorstaedte von Newcastle durchfahre ich und verliere dabei viel Zeit, da man immer wieder sich neu orientieren und auf die Schilder achten muss, wobei ich kfr. einige Male den Weg verliere (I'm lost, wie der Englaeder sagt). Mittagspause mit Kaffee und einem Stueck Fudge-Cake an Blyth an der Strandpromenade. Gespraech mit einem recht alten Rentnerpaar, die die Sonne und den Blick aufs Meer geniessen. Schwaermt vom Fischen in Schottland. Weiter durch Seebaeder und ueber Tynemouth (erste Kinder im eiskalten Nordseewasser) ueber den Tyne mit der Faehre von North Shields nach South Shields, wobei ich die Faehre natuerlich gerade verpasse und 25 Min. warten darf, aber bei dem Wetter. Weiter an der Kueste nach Sunderland. Sehr schoene Stadt im River Wear. Da die Kraefte schwinden, goenne ich mir nach dem gestern ausgefallenen Abendessen bei McDoof mal wieder einen Burger mit Pommes und Kaffee und Coke fuer den Zuckerhaushalt und die letzten 20 km. Der Weg zieht sich, da es kontinuierlich leicht bergan geht und ich auf einem ehemaligen Bahndamm ohne Asphalt mich im Staub bewegen kann. Endlich in Haswell Plough im The Gables Hotel, sehr alt, sehr renovierungsbeduerftig. Zimmer aber ganz o.k. und der Gastgeber John ist ein ganz netter. vEr und seine Stammgaeste haben nur ein Thema, wer gewinnt am Sonntag? Meine Antwort immer: Sorry for England. Man glaubt auf der Insel nicht an die eigene Truppe!
Das Abendessen (Lasagne) war recht mau.
Die technischen Daten: Puls 102, 566 Hoehenmeter, Schnitt 16,5 km/h, Fahrzeit 7 Stad, Steigung Schnitt 2 %, max. 14 %, 560 Hoehenmeter, Temp. 19 bis 30 Grad.

23.06.2010 - Melrose - Longhoughton - 147 km

Nach dem Essen gestern Abend bei einem kleinen Italiener (nur eine Kleinigkeit, da mir das Hungergefuehl nunmehr ziemlich abhanden gekommen ist) gehts noch in einen der drei oertlichen Pubs, wo ich zunaechst mit einer einheimischen Dame, die mit Gatten und Freunden, den Pub besucht haben, eine kurzer Unterhaltung ueber woher und wohin habe. Zwischendurch marschieren verschiedene Schülergruppen, die an einem "Musical-Festival" für Schüler teilnehmen mit Dudelsackbeleitung durch Melrose.

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Dann treffe ich dort die JHG-Eltern, die mir erzaehlen, dass der Ort ca. 3000 Einwohnern hat und damit einer der groesseren im Umkreis ist. Beim Fussball Argentinien gg. Otto unterhalte ich mit Bruce, Newcastle United-Fan, mit dem ich mich vor allem ueber Fussball und das Problem des Geldes und die Folgen fuer den Nachwuchs in England und Deutschland unterhalte. Natuerlich ist auch ein evtl. bevorstehendes D-Spiel gg. England ein Thema, Bruce glaubt, wir gewinnen. Nun ja, wir werden sehen.
In der JHG sind in meiner 6-Bett-Suite inzwischen drei weitere Betten belegt, komische Zeitgenossen sind das. Keine langen Gespraeche. Gute Nacht. Morgens stehe ich als erster auf und mache mir damit keine Freunde. Packen, Fruehstueck, haette man drauf verzichten koennen, zumal mir der MA der JHG fuer 7.00 Uhr das Fruehstueck zugesagt hatte, dann aber erst um 8.00 Uhr machen wollte, letztlich hatte ich es dann mit 15 Min Verspaetung. Schnell weg und um 8.00 Uhr geht es bei bestem Wetter und topguenstig stehendem Wind bei 19 Grad los. So wie immer rauf und runter Richtung Kueste nach England. Weiterhin durch Wald und Wiesen, Farmland am River Tweed

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ueber Nebenstrassen, die nahezu verkehrsfrei sind. Nach 54 km verlasse ich Schottland, in das ich nach 8 km durch England noch einmal fuer 6 km zurueckkehre. Nach 1.303 km liebgewonnenes Schottland, wo man an der Grenze mit diesem Schild bei der Einreise freundlich begrüßt wird

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empfaengt mich England eher nüchtern

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und gleich mit einem hammerharten Anstieg und dem noerdlichsten Seebad Berwick upo Tweed. Nun ja, mein Fall ist das nicht, gleich verfahren, da falsche Ausschilderung. Dann raus und ueber katastrophale Wege geht es direkt ueber dem Wasser an Klippen ueber Schotterwege und Wiesen,

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durch Schaf- und Kuhsch.... ueber kaum befahrbare Anstiege und Abfahrten. Kommt mir vor wie 50 km, sind aber nur 5 km. Tolle Blicke auf die Kueste, Klippen aber auch immer wieder Sandbuchten und z.T. auch dem Wattenmeer aehnliche Abschnitte.

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Dazu gibt es immer wieder einige Abstecher in das Hinterland, offenbar, um Hoehenmeter (insgesamt heute 1.215 m) sammeln zu koennen. Der Sinn erschliesst sich mir nicht ganz. Um 15.00 Uhr wird es ruhig auf Englands Strassen, das in rot-weisse Fahnen gehuellte Land kommt zum Erliegen, nur die Pubs und Hotels sind voll. Sehe bei einem Stop in Bamburgh mit einem wunderschoenen gut erhaltenem Castle

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zufaellig das goldene Tor. Kurz vor meinem Zielort treffe ich auf einen engl. Radler, der von Ipswich nach Berwick will und dann noch ein wenig kreuz und quer. Warne ihn noch vor der Katastrophenstrecke. Zwischenzeitlich hatte ich noch eine Begegnung mit einem hollaendischen Paar, wo ich dachte, es waeren die Beiden von der Faehrueberfahrt Hoek van Holland - Harwich, waren sie aber nicht, fuhren von Newcastle nach Edinburgh.
Insgesamt war der Tag sehr anstrengend und komme nach 8 Std und 5 Min in Longhoughton im Number One von Christine & Richard gut an. Tolles Zimmer, sehr nette Leute. Super.
Will Deutschland-Spiel im Pub sehen, finde den aber nicht, 3 auf der naheliegenden Airforce-Base nehmen mich in ihrem Auto mit, wo man hofft, dass England nicht gegen uns muss.
Essen faellt uebrigens aus, es gab im Pub nichts, dafuer Deutschland-feindliche Aeusserungen eines Gastes, fuer die sich die anderen Gasete bei mir entschuldigen.
Die technischen Daten: Puls 114, Steigerung im Schnitt 5 %, max. 14 %, Schnitt 18,1 km/h, max. 50 km/h, Temp. min 16 Gard, max 27, weiterhin trocken und sonnig.

Mittwoch, 23. Juni 2010

22.6.2010 Edinburgh - Melrose - 96 km

Auf dem Rueckweg vom koeniglichen Schloss mache ich noch eine Runde ueber die Royal Mile und nehme noch ein Bier in The Bank Bar, wo ich mit zwei jungen Briten aus London bzw. von der Westkueste Schottlands ins Gespraech komme. Wir unterhalten uns üeber die Perspektiven junger Leute in GB und die Banken. Auf dem Rueckweg zur JHG gehe ich noch in ein australisches Restaurant, das fest in spanischer Hand ist (ueberhaupt laufen unheimlich viele Spanier in Edinburgh herum), da das Spiel Spaniens gg. Honduras gezeigt wird, nun ja, doll wars nicht.

Letzte Nacht waren die vier Betten meines Zimmers dann doch voll belegt .
Ein nicht gespraechsbereiter woher auch Immer stammender junger Mann (indische oder pakistanischen Ursprungs?) - einziges Wort beim rausgehen heute Morgen "bye"und das nur sehr gequaelt) hatte sich in mein Bett gelegt, so dass ich zur Abwechslung mal in einem der beiden Doppelstockbetten oben schlafen musste (hatte Gott sei Dank keinen Krampfansatz im Oberschenkel, sonst waere es wohl ein Problem geworden). Der andere junge Mann war kahlgeschoren und hatte nur 2x ein "Hallo" auf den Lippen. Nun ja, dafuer hatte der deutsche Student, der heute Abend per Bus nach Bristol abreisen wollte, abends noch ein Gespraech im TV-Raum mit Einem Aussteiger aus Massachusetts / USA, der ihm offenbar wwei Stunden darlegte, warum die Menschheit wieder in die Steinzeit zurueck und die Baeren und Woelfe wieder die Oberhand im Tierreich erhalten sollten. Ich hatte mich nach 10 Minuten unfairerweise verabschiedet.

Heute morgen bereits schien die Sonne in voller Pracht .
Morgens um 8.30 Uhr schon 19 Grad, herrlich. Und die Aussichten fuer die naechsten 5 Tage sind lt JHG-MA Murdo auch sehr gut. Hoffe, dass es auch wirklich so kommt . Einen Wermutstropfen gab es heute aber doch, der Wind kam zum ersten Mal weitestgehend von vorn - aber nur leicht.

Da ich heute den hoechsten Punkt meiner Tour erreichte , war meine Etappe bewusst etwas kuerzer angesetzt, leider, haette noch locker gut 25 km zum naechstgroesseren Ort Kelso weiter fahren können. Dann waere meine morgige Etappe von ca. 145 km in etwa so lang wie heute gewesen - aber vorgebucht ist vorgebucht .

Die Fahrt aus Edinburgh raus war relativ problemlos , verkehrstechnisch keine Schwierigkeiten, Pedale bewegen auch nicht , nur die linke Wade war durch das ungewohnte Laufen der vergangenen beiden Tage wohl etwas fest geworden.
Grundsaetzlich alles sehr gut ausgeschildert, aber an vier Punkten kam es doch zu kleineren Orientierungsschwierigkeiten, die aber recht schnell behoben werden konnten . Nach 8 km war ich raus aus Edinburgh und konnte die nächsten 12 km auf weitgehend autofreien Rad-/Fusswegen mit gelegentlichem Hundekontakt durch Vororte bzw. Vorstädte von Edinburgh entspannt die Sonne genießen.
Dann begann der 25 km lange Anstieg in die Moorfoot Hills, die bis zu 660 m hoch sind. Sehr moderate Steigung, keine Probleme. Wenn die Sonne nicht zu sehr geschienen haette, waere ein herrlicher Blick auf Edinburgh moeglich gewesen, aber es war dunstig. Schade.
Die Fahrt ging im Anstieg zunaechst durch Farmland mit Baumreihen an den Strassen und schliesslich in eine nahezu baumfreie Zone aehnlich den Highlands, nur das es hier weitestgehend gruen ist, während in den Highlands doch mehr das Braun dominiert.
Nach erreichen der "Passhoehe" geht es 5 km runter, dann noch einmal entlang eines kleinen Bachs ca. 150 Hoehenmeter aufwaerts zuerst kaum merklich . Mir kommt ein schottischer Tourenradler aus Edinburgh entgegen, der mich nach meinem Weg usw. fragt. Kurzes Gespraech, er ist auf der klassischen Strecke der Insulaner Lands End - John O'Groats unterwegs. Vorher waren mir schon zwei junge Damen mit grossem Radgepaeck ohne Stop in deren Abfahrt an mir vorbeigerast .
Nach dem Ueberfahren der zweiten Hoehe (zugleich Wasserscheide)

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geht es an einem immer breiter werdendem Bach Richtung Innerleithen. Hier kurze Kaffeepause. Weiter nach Melrose oberhalb des inzwischen zu einem Fluss angeschwollenen Rivers Tweed

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mit herrlichen Ausblicken

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und z.T. Fahrten durch angenehm kühle kleinere Mischwaelder. Kurz nach 15.00 Uhr erreiche ich Melrose und JHG, wo ich erst um 16.00 Uhr einchecken Kann, Vorher Dusche, dann ins Zimmer (6 Betten - ich freue mich, es wird hoffentlich nicht voll, zzt. sind wir zu dritt). Sehr einfaches altes Haus. Nun ja, ab englischen Grenze nur noch B & B bzw. Hotel gebucht, da es keine JHG auf meiner Strecke gibt.
Die Technischen Daten heute: Puls 113, 5 Std. 40 Min. im Sattel, 790 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 3%, max. 15% , Schnitt 16,9 Stundenkilometer, Temp. von 19 bis 29 Grad.

Montag, 21. Juni 2010

21.06.2010 - Edinburgh - Ruhetag nach bisher 1.147 gefahrenen Kilometern

Habe mit einem 4-Bett-Zimmer in der JHG mal wieder Glueck, nur ein Student aus Deutschland mit auf der Bude. Hat ein Jahr Chemie in Bristol studiert und ist nach Semesterende fuer rd. 14 Tage zum Wandern auf die aeusseren Hebriden vor der Nordwestkueste Schottlands gefahren. Hat dort tagelang so gut wie keinen Menschen gesehen oder getroffen. Nach laengerem Austausch auf Englisch sind wir ins Deutsche gewechselt, aber er hatte doch einige Probleme damit, da er seit einem Jahr nur Englisch gesprochen hatte. Reist auch am Dienstag weiter nach Bristol, um dort seine Sachen einzupacken und dann nach Hause zu fahren.
Heute morgen Fruehstueck in der JHG, ganz o.k., mit einer Schottin aus Aberdeen (nicht sehr gespraechig) und einer Australierin aus dem Grossraum Sydney, die seit Anfang Mai auf eigene Faust durch Great Britain reist und Edinburgh fuerchterlich findet (zu laut, zu viel Verkehr usw) und daher heute Richtung Norden in die Natur und Ruhe Schottlands fluechten will.
Ruhetag ist relativ, Sightseeing kann auch anstrengend sein. Nachdem ich durch die herrlichen Gartenanlagen zu Füßen des Castles

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geschlendert bin, geht es zum Castle. Edinburgh Castle liegt hoch ueber der Stadt und es ist sommerlich warm. Aber der Blick ueber Edinburgh

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und die Besichtigung des Schlosses mit diversen Museen ist sehr interessant (u.a. schottisches Kriegsmuseum, Regimentsmuseen der Royal Scots und Roya Scots Dragoon Gaard (Eliteeinheiten der ehemals schottischen und heutigen britischen Armee), schottische Kronjuwelen ....).

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Anschliessend schlendere ich durch das National Museum of Scotland (kein Eintritt), wo man von den Anfaengen bis heute alles ueber die Historie und Entstehung von Schottland, seine Einwohnern, die industrielle Entwicklung und natuerlich das Empire erfahren kann. Sehr moderner Bau mit gut gemachten Darstellungen und interaktiven Angeboten, u.a. wird auf dem Dach auch noch ein Einblick in die schottische Fauna gewaehrt.
Heute nachmittag werden noch die St. Giles Kathedrale, das schottische Parlament (die Kostenentwickung beim Bau soll sich aehnlich wie bei der Elbphilharmonie verlaufen sein) und der historisch fuer Schottland bedeutsame Palace of Holyroodhouse begutachtet werden.
Das sollte dann auch reichen - nicht dass die Fuesse sich morgen weigern, wieder ins Pedal zu treten.
Nach einem Besuch in der St. Giles Kathedrale,

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die stark durch Glasfenster mit den in Kirchen ueblichen farbigen Darstellungen und Holzarbeiten

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statt des in katholischen Kirchen ueblichen Marmors gepraegt ist ging es zum schottischen Parlament. Hier nahm ich an einer kostenlosen Fuehrung mit kostenlosem Audioguide auf Deutsch teil. Das von einem spanischen Architekten (Mireilles?) entworfene durch einheimische Materialien (Eichenholz, Granit und einen anderen Stein sowie Stahl gepraegte Schiffen und einem schottischen Baum nachempfundene Gebaeude ist einerseits hochmodern und andererseits an historischer Staette (hier sollen die schottischen Clans zu Zeiten als Schottland noch ein eigenes Koenigreich war, in einem in den Neubau integrierten alten Baukoerper getagt haben) errichtet worden. Dabei wurden die umgebende Landschaft (es liegt quasi am Ortsrand von Edinburgh)

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und die Gaerten zwischen den einzelnen Gebaeudeteilen durch viel Glas optisch mit ins Gebaeude integriert. Zusaetzlich findet sich ueberall in den Gebaeudeteilen das in der schottischen Flagge vorhandene St. Andrews-Kreuz wieder. Toll gemacht, aber auch hier gab es in der Bauphase eine Baukostenexplosion, statt kalkulierter £ 40 Mio wurden es am Ende £ 400 Mio (das erinnert doch an die Elbphilharmonie. Das ganze fuer ein fuer schottische Belange nur zustaendiges max. 128 Parlamentarierer umfassendes Parlament.
Anschliessend ging es durch den schottischen Sommersitz von Queen Elizabeth, The Holyrood Palace,

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sehr beeindruckend, welch ein Prunk hier zusammengestellt (geraubt?) wurde. Die Historie insbesondere mit dem Schicksal von Marie Stewart, der letzten schottischen Koenigin vor der Vereinigung mit dem englischen Koenigshaus zum britischen Koenigreich war schon interessant. Direkt neben dem Palast steht die historisch interessante Kirchenruine Holyrood Abbey.

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Die Gaerten schoen.

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Ein herrlicher Ausklang des Edinburgh-Relax-Tages.

20.06.2010 - Kinnross - Edinburgh - 52 km

Heute keinen Wecker (Handy) gestellt. Radtechnisch soll es ein entspannter Tag werden. Blick nach draussen, bayrischer Himmel, die Radlerseele jubiliert mal wieder. Top-Fruehstueck, die Daenin will nichts mit mir zu tun haben, war wohl stinkig, dass ich mich schnell abends vorher verzogen hatte. Breche gg. 9.45 Uhr auf. 5 km gemuetliches Einrollen, dann gut 3 km heftigst bergan auf die Cleish Hills, knapp 200 Hoehenmeter. Hinunter geht es Richtung Dunfermline. Habe immer mehr Probleme, aus den Pedalen zu kommen. Muss feststellen, dass an der linken Schuhplatte sich zwei Schrauben geloest haben und die Platte sich bewegt. Also Schuh aus, Werkzeug raus, Reparatur, 15 Min spaeter geht es weiter. Ohne nennenswerte Probleme geht es zur gut 2,5 km langen Forth Bruecke

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Richtung Edinburgh und dann nach Edinburgh hinein, wo ich gg. 14.15 Uhr nach Suche auf den letzten 200 Metern in der modernen und gut eingerichteten JHG eintreffe.
Muss noch ein wenig warten, bevor ich aufs Zimmer kann, Fahrrad in den Keller, internet testen, komme nicht in meinen blog. Also die Berichte fuer den 18., 19. und 20.6. wieder ueber e-mail nach Buxte, wo Frauke u/o Katharina (nicht Tobi oder David) in den blog uebertragen. Mal sehen, ob ich morgen ein internet-cafe in Edinburgh finde.
Nach Einrichten und Dusche geht es zu Fuss in die vibrierende Stadt. Touris, Studenten, Menschenmassen.
Bei herrlichstem Sonnenschein geniessen ich die fast suedlaendischen Temperaturen. Rundgang durch Edinburgh ueber Grassmarket (massenhaft Strassencafes und -restaurants)

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hinauf zum Castle,

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leider schon geschlossen, auf die Royal Mile,

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wo ich in The Bank Bar mich in die Sonne auf ein Bier zu einem kanadischen Paar setze. Mark und June kommen aus Ontario sind auf einer selbst organisierten Rundreise durch England und Schottland. Es stellt sich heraus, dass Mark von 1980 bis 1982 in Hamburg als Spielertrainer Eishockey gespielt hat, so kommt es zu einem intensiven und sehr netten Gespraech ueber Deutschland, Kanada und natuerlich Hamburg ueber fast 2 Stunden, in das ein hinzukommendes Paar aus dem Sueden Englands mit eingebunden wird. Auf dem Rueckweg zur JHG kehre ich in einem der reichlich vorhandenen italienischen Restaurants ein, um anschl. in der JHG die Berichte ueber die letzten drei Tage zu schreiben. Mal sehen, welche Zimmerpartner ich inzwischen habe. Gute Nacht.
Ach ja, heute ist mehr als Halbzeit, 10 1/2 Radtage liegen hinter mir, nur noch 10 vor mir. 2 Anreisetagen stehen noch ein Relax- und Sightseeingtag morgen und der Rueckreisetag gegenueber.
Die technischen Daten zum SChluss:
Puls 97, 490 Hoehenmeter, 15,0 km/h im Schnitt, 3 % Steigung im Schnitt, max. 14 %, 490 Hoehenmeter. Fahrzeit rd. 3 1/2 Std.

19.06.2010 - Carnoustie - Kinnross - 107 km

Nach einer entspannten Nacht gibt es ein nettes Fruehstueck. Es sind gg. 8.15 Uhr nur zwei Englaender im Fruehstuecksraum, die am Abend bereits neben mir an der Bar sassen, ohne dass wir Konversation betrieben hatten.
Golfer aus London, die heute auf Glen Eagles (ist glaube ich ein sehr beruehmter Golfplatz bei St. Andrews). Gg. 9.00 Uhr geht es los bei wieder kuehlem Wetter, weitgehend geschlossener Wolkendecke und Rueckenwind. Nachdem ich in den Tagen auf dem Weg durch Schottland schon diverse Golfplaetze gesehen hatte (eigentlich weniger als erwartet - daher auch bisher nicht erwaehnt) fahre ich gleich kilometerweit durch Golfplaetze durch oder an ihnen vorbei (HInweisschilder: Achtung Golfuebungsplatz - Vorsicht vor herumfliegenden Golfbaellen). Anschliessend geht es an einem Truppenuebungsplatz vorbei, wo nur vor dem Betreten bei roten Flaggen gewarnt wird, nicht vor herumfliegenden Kugeln. Auf den ersten 15 km Richtung Dundee begegnen mir massenhafte Herrchen und Frauchen mit ihren Hunden. Vorher waren Hunde die absolute Ausnahme. Vorsicht beim Fahren, falls meine unberechenbaren herumtollende vierbeinigen "Freunde" mal sehen wollen, ob der Kopf haerter als mein Rad ist.
In Dundee geht es durch den Hafen. Bei Einfahrt muss man seinen Ausweis zeigen, den der irgendwo an einem Bildschirm sitzende Beamte sicherlich nicht erkennen kann. Anschliessend soll es ueber die River Tay-Bridge auf die andere Seite des gleichnamigen Rivers gehen. Ich stehe davor, aber sehe dank einer Baustelle den Fahrstuhl auf die Bruecke nicht. Nach einer Ehrenrunde finde ich nach dreimaligem Nachfragen den Weg und treffe auf einer Kanadier auf einem Tourenrad, der von Manchester bis nach John O'Groats will und dann ueber die Westkueste nach Glasgow. Er aergerte sich ueber Gegenwind ein viel Regen in England. War uebrigens die erste Begegnung mit einem Tourenradler seit dem Treffen auf der Bruecke bei Inverness - also nach 2 1/2 Tagen).
Zuegig geht es ueber die gut 2 km lange Bruecke

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Richtung St. Andrews, dem Mekka der Golfer. Zunaechst durch ein Waldgebiet mit unbefestigten Wegen, total ruhig, nur ein weiterer Radler auf 7 km. Schliesslich geht es an dem Luftwaffenstuetzpunkt Leuchars vorbei nach St. Andrews.
Kilometerweit geht es wieder an Golfplaetzen vorbei. Im Ort gibt es ueberall Bezuege zum Golf (Hotels, Laeden .......). Kurze Sightseeingtour durch den wirklich netten Ort mit viel Historie.

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Ein Englaender aus Liverpool mit deutscher Freundin aus Regensburg fragt mich nach dem Woher un dem Wohin. Weiter geht es durch den Ort mit einer Pause bei Kaffee und warmen Schokoladenkuchen mit Vanilleeis - Lecker!!!!!!.
In St. Andrews fallen mir schon bei der Einfahrt etliche Rennradfahrer auf, die am Ortsrand mit Blick auf die Britisch Open-Golfplaetze (hier werden schon Tribuenen und Zeltstaedte aufgebaut fuer das naechste Turnier). Auf dem Weg hinaus kommen mir Hunderte von Radlern entgegen. Die mir auf meine Frage nach dem Woher und Wohin mitteilen, dass sie an einem Charity-Race von Edinburgh nach St. Andrews teilnehmen. An einer Huegelkuppe hoeren ich auf einmal ein Hi, Horst. Das Ehepaar, das mit mir zusammen in Tain in der B&B-Unterkunft gefruehstueckt hatte, nimmt ebenfalls an dem Race teil. Kurzes Gespaech, beste Wuensche usw. und weiter gehts. Immer mehr ziemlich fertige Radler auf z.T. normalen und alten Raeder kommen mir entgegen. An diversen Steigungen wird von vielen Teilnehmern mit schmerzverzerrtem Gesicht noch ins Pedal getreten oder schon geschoben (die Armen haben aber auch Pech mit dem Wind, fast nur gegenan auf 110 km). Wunderschoene LAndschaft. Auf den letzten 20 km geht es noch einmal richtig Auf und Ab um zwei hoehere Huegel (Western und Eastern Lomond, 425 bzw 522 m hoch)

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herum nach Kinnross am Loch Leven.
The Kirkwalls Hotel

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empfaengt mich a.o. freundlich, tolles Ambiente, superfreundliche und hilfsbereite MA, renovierte Zimmer, sehr modernes Bad.
Nach der Dusche ist Waesche angesagt, da ich die naechsten drei Naechte in Mehrbettzimmern in den JHG von Edinburgh und Melrose verbringen muss. Hoffentlich wird die Waesche auch trocken bis zum naechsten Morgen (sie wird). Kurzes Relaxen und ab an die Bar (heute kein Spaziergang, hatte den Ort ja schon bei der Durchfahrt gesehen und die Beine sind ein wenig schwer). Beim Bierchen wird die englische Zeitung gelesen, soweit ich das denn alles verstehen - Sprechen und Lesen, dass sind schon gewaltige Unterschiede. Ich muss auf einen Platz im Restaurant warten. Nach dem vorzueglichen Essen in einem liebevoll aber modern gestaltetem Ambiente will ich noch einen Maltwhisky zum Abschluss trinken. Zu mir gesellt sich ein vermeintlich aelterer Herr, der mich mit sehr tiefer alkoholgeschwaengerter Stimme anspricht. Es ist eine Sie aus der Naehe von Kopenhagen, Lisa, die offenbar Schottland-Profi ist und mir erklaert, warum man einen Malt stets mit einem Loeffel voll einheimischen Wasser verfeinern sollte. James der Barkeeper ist etwas irritiert. Ich probiere es, erst den Malt pur, sehr intensiv, leichtes Nachbrennen im Hals, dann mit dem Wasser verfeinert, schmeckt irgendwie milder, geht angenehmer ab.
Um der Gefahr weiterer Drinks mit der Daenin zu begegnen, verziehe ich mich aufs Zimmer und schlummere sanft ein.
Die technischen Daten heute:
Puls 99, 7 Std Fahrzeit, Schnitt 15,1 km/h, 765 Hoehenmeter, 3 % Steigung im Schnitt, max. 30 %, kann nur ganz kurz gewesen sein, da ich nicht absteigen musste, Gefaelle max. 28 %, kommt wohl hin, da schoben fast alle, die mir auf dem Weg nach St. Andrews entgegenkamen.
Temperaturen 13 bis 21 Grad, Anstiege warm, Abfahrten kalt, trocken, heiter bis wolkig, insbesondere am Nachmittag.

18.06.2010 - Aberdeen - Carnoustie - 136 km

Gestern Abend gut 4 km langer Spaziergang durch Aberdeen. Man sieht, dass hier viel Geld durch die Oel- und Gasexploration in der Nordsee vorhanden ist. Ehemalige gute Einfamilienhaeuser werden heute von Firmen aller Branchen als Bueros genutzt. Das Grau der Haeuser und das Gruen der Baeume und von Parkanlagen harmoniert und spricht an (erinnert mich ein wenig an die amerikanische Ostkueste, insbesondere an die besseren Wohnviertel in Boston).

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Hier herrscht Grossstadtleben, hektisch, laut, voellig von meinen bisherigen Erfahrungen in Schottland abweichend. Viele Touris, viele junge Leute, gehe Essen bei einem Italiener, muss gut sein, die Leute stehen Schlange, um einen Tishc zu bekommen. Essen auch sehr gut, aber Atmosphaere wie in einer Bahnhofshalle, unheimlich laut, offenbar ist das das italienische Idyll, dass man durch die hallige Bauweise zusaetzlich zum italienischen Essen und den Getraenken (es gibt nur italienisches Bier) noch unterstuetzen will.
Auf dem Rueckweg kehre ich noch in einen Pub ein, und schaue die 2. Halbzeit des Spiels Frankreich gg. Mexico. Komme mit drei Schotten ins Gespraech, einer von den Shetlands, die beiden anderen aus Aberdeen, die in der Gasexplorationsindustrie arbeiten und am naechsten Tag nach Deutschland/Lubmin reisen, um dort fuer ihre Firma an der deutsch-russischen Ostsee-Gaspipeline mit zu arbeiten. Musste den beiden leider ihre Illusionen ueber Ostdeutschland im Allgemeinen und Lubmin im Speziellen rauben. Sie fuhren sicherlich sehr ernuechtert nach Lubmin per Auto und Faehre.
Hier noch die technischen Daten zum 17.06.2010:
Puls 102, 6 Std. 25 Min. im Sattel, 104 km, Schnitt 16,3 km/h, 850 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 3 %, max. 12 %, Ankunft gestern in JHG 16.45 Uhr.
In der JHG ist nur eins der drei weiteren Betten im Zimmer durch Bruno aus Lissabon belegt. Das ist als solches ja schon ganz angenehm. Noch angenehmer ist, das er wie ich frueh am naechsten Morgen aufstehen will, da er im in der Naehe liegenden Krankenhaus zu einer gut 14-taetigen Weiterbildung ist und um 7.30 Uhr anfangen muss. Ist schon toll, dass ein portugiesischer Arzt aus Kostengruenden in einer JHG in Aberdeen sich fuer 14 Tage in einem Vierbettzimmer einbucht und dann aus seinem Seesack quasi lebt (im Zimmer gibt es keinen Kleiderschrank oder dergleichen).
Morgens um 5.30 Uhr klingelt fuer mich der Wecker, da ich um 6.00 Uhr los will, um unterwegs in einem Pub das zweite deutsche WM-Spiel gg. Serbien zu sehen (ueber Spiel, Ergebnis und Schiri-Leistung verliere ich kein weiteres Wort).
Ohne Fruehstueck geht es bei empfindlicher Kuehle ohne Regen los, da McDoof schon geoeffnet hat, stoppe ich fuer einen Kaffee und einen Donut. Die 20 Minuten Stopp fuehren zu einem deutlichen Anschwellen des Autoverkehrs. In kuerzestester Zeit ist die morgendliche Ruhe verschwunden.
Komme problemlos aus Aberdeen hinaus. Durch Vororte erreiche ich nach ca. 15 km wieder das schottische Landleben. Nebenstrassen mit Passing Places, kaum Verkehr. Wald, Wiesen, Vieh, ab und an ein Auto oder ein Haus und ich auf dem Rad und dabei geht es staendig auf und ab, alles beim Alten in good Old Scotland.
Stonehaven ist nach 45 km und ca. 2,5 Std. Fahrzeit erreicht. 2. Fruehstueck mit Powerriegel und Cola. Um einer Passage auf einem Duenenweg zu entgehen, fahre ich gleich auf der Hauptstrasse weiter. 15 km Horror, endlich wieder auf Nebenstrassen, das entspannt. Entlang der Nordseekueste mit nun fast durchgaengigem Blich auf die Wellen der Nordsee und sich abwechselnde traumhafte Duenenstraende

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und Felskueste erreiche ich Montrose, wo ich in einem Pub das Fussballspiel ueber mich ergehen lasse. Restliche 40 km fahre ich im Sonnenschein mit einem kurzen 2. Stopp bei McDoof, um mich fuer die letzten 15 km gg. den inzwischen zur Abwechslung einmal von vorn kommenden Wind zu staerken und in Carnoustie einzurollen. Das Aboukir Hotel und der Ort sind ganz nett. Bei einem Abendrundgang sprechen mich zwei Einheimische an. Man spricht ueber Dies und Das, der eine war waehrend seiner Armeezeit in Guetersloh stationiert, der andere stammt aus Fraserburgh, nordoestlich von Aberdeen. Beide sind Fans von Dundee United, die dieses JAhr schottischer Fussballpokalsieger geworden sind. Die Verstaendigung mit den Schotten bleibt aufgrund ihres a.o. harten Akzents indes schwierig - nach jedem zweiten Satz lautet meine Frage "Sorry, i didn't understand".
Abends an der Bar esse ich eine Kleinigkeit und sehe dabei mit halbem Auge noch Englands Desaster gg. Algerien. Auch wenn die Schotten beim Fussball nach ihrem Klub fuer Schottland sind, bleibt als Drittes dann doch England bei einer WM (die Schotten sind ja meist nicht dabei). Aber wenn sie nicht gewinnen jubeln sie am Ende dann doch, vorher wird allerding mitgelitten.
Heute sah ich auf dem Weg mal wieder in einem Garten zwei vor sich hin rostende PKW stehen. Dieses erinnerte mich wieder an Beobachtungen auf den Shetlands und den Orkneys. Hier konnte man oft die Altfahrzeuge in den Gaerten vor sich hin rotten sehen und so die automobile Historie des Hauseigentuemers ueber z.T. Jahrzehnte nachvollziehen.
Auch in Schottland wird offenbar, je weiter man nach Sueden kommt immer mehr, Raps angebaut. Waehrend bei uns die Rapsbluete doch schon Historie war, als ich abfuhr, hat hier die Bluete gerade eingesetzt. Von Norden nach Sueden wird es immer etwas gelber.
Die technischen Daten heute:
Puls 112, Fahrzeit 7 Std 30 Min, Schnitt 17,6 km/h, max. 61 km/h, Hoehenmeter 1.111 (stimmt wirklich), Steigung im Schnitt 3 %, max. 17 %, Temperaturen von morgens 11 Grad auf nachmittags bis zu 22 Grad bei strahlendem Sonnenschein ansteigend.

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Online seit 6242 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Mai, 15:19

Credits


01. 2007 - Prolog
02. 2007 - Start
03. 2007 - Norwegen
04. 2007 - Schweden
05. 2007 - Dænemark
06. 2007 - Deutschland
07. 2008 - es geht weiter
08. 2008 - Belgien
09. 2008 - Holland
10. 2008 - Deutschland II
11. 2010 -Großbritannien
12. 2010 - Schottland - Shetlands, Orkneys, Highlands
13. 2010 - Schottland - der Süden
14. 2010 - England
15. 2011 Norwegen II
16. Abschließende Zusammenfassung
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