Donnerstag, 17. Juni 2010

17.06.2010 - Banff - Aberdeen - 104 km

Bei einem laengeren Spaziergang durch Banff finde ich doch kein einziges Restaurant (nur Take away und ein Pub, der aber nicht vertrauenserweckend aussieht), also doch ins Fife Lodge Hotel. Im Dining Room bin ich nicht willkommen (Einzelgast), also in die Bar mit laufenden TV. Fussball Suedafrika gg. Uruguay, nicht wirklich interessant. Tisch klebt, Bier schmeckt, Essen, na ja.
Morgens ist es trocken, beim Fruehstueck (das war o.k.) faengt es an zu regnen, feiner schottischer Landregen. Also alles wieder umsortieren und anziehen. Statt geplanter 8.15 Uhr wird es fast 8.45 Uhr. Fahre gleich an der inzwischen dritten Whisky-Distellerie nach The Glenmorangie in Tain und einer weiteren kurz hinter Nairn jetzt die MacDuff Distellerz. Nach 3 km ist es trocken, Regensachen wieder ablegen, Windbreaker anziehen. Nach 5 km zeigen die Hinweisschilder der NationalCycleRoute No. 1 in alle drei zur Auswahl stehenden Richtungen. Ich entscheide mich fuer die falsche, Gott sei Dank merke ich das nach 500 m. Es wird warm (16 bis 22 Grad). Kein Wind, die Sonne kommt ab und an durch. Da ich vom Moray Firth (so heisst die Kueste doch noch bei Banff) ueber den in die Nordsee vorspringenden Landesteil nach Aberdeen fahre, geht es ueber diverse Huegelketten oder an diesen entlang, staendiges auf und ab durch eine Landschaft die der an der schleswig-holsteinischen Ostseekueste zwischen Flensburg und Kiel aehnelt. Kaum Haeuser, kaum Autos, da fast nur Nebenstrassen, zur Abwechslung das erste Mal Schweinestaelle, es stinkt z.T. penetrant. Ansonsten das uebliche, Kuehe, Ochsen, Schafe, viele Kaninchen, ab und an ein Fasan. Die von mir durchfahrenen groesseren Orte Turriff, Maud (hier kurze Nachfrage nach dem Weg - ein Schotte hilft mit der Anmerkung "Isn't it a lovely day?". Es geht jetzt ueber einen ehemaligen Bahndamm, unbefestigt, spaeter nochmal kurz vor Aberdeen, insgesamt bestimmt 15 km, anstrengend, zumal wenn es bergan geht), Tarves (hier bekomme ich tatsaechlich in einem Spar-Laden -gibt es noch reichlich in Schottland- einen Kaffee),

DSCF5061

vorbei an Nemachar und durch Dyce (Vorort von Aberdeen) geht es hinein. Gestern und heute begegnen mir keine Tourenradler, nur ein Rennradler haelt an und gibt mir einen Tipp fuer einen Radladen. Ich befuerchte, dass mein Sattel abbrechen koennte, da die Schraube der Sattelstuetze merkwuerdig knarrt (der Laden hilft mir dann auch). Aberdeen hinein ist nicht schoen zu fahren, ich verliere auch den ausgezeichneten Weg No. 1. An einem Kreisel bei Tageskilometer 100 komm ich nicht aus den Klickpedalen und legen mich auf dem Radweg lang (gleich 3 Schottinnen fragen, ob sie helfen koennen). Letztlich komme ich gut in der JHG an, 4-Bettzimmer, bin mal auf meine Schlafkollegen gespannt. JHG insgesamt nicht schoen, hat aber internet-access.
So gehe jetzt was essen, morgen will ich um 6.00 Uhr los, um um 13.30 Uhr das Deutschland-Spiel moeglichst am Zielort Carnoustie nach ca. 125 km sehen zu koennen.

Mittwoch, 16. Juni 2010

16.06.2010 - Nairn - Banff - 113 km

Topfruehstueck von Paul und Mairi, Verabschiedung von den 5 Englaendern. Um 9.20 Uhr geht es los. Es ist trocken und die Sonne kommt durch. Schon morgens 19 Grad, ohne Beinlinge geht es los, und nach 20 km werden auch Armlinge und Windjacke abgelegt. Minimaler Wind, weitgehend von hinten.
Ansonsten ist der heutige Tag schnell erzaehlt. Knapp 50 km flach durch Farmland mit Wiesen, Getreidefeldern und Kartoffelaeckern und vorbei an Waeldern. Dann wird es z.T. heftig, hammerharte Anstiege, insbesondere zum Ende hin und das auf teilweise nicht asphaltierten Wegen, wobei die Teerdecke heute tendenziell besser ist als an den vorherigen Tagen. Schoene Blicke auf den Moray Firth

DSCF5056

und spaeter auf die offene Nordsee. Es geht fast nur ueber Nebenstrassen, kaum Autoverkehr. Unterwegs fahre ich doch tatsaechlich an einer Biathlon-Trainingsschiessanlage vorbei, waere fast vom Rad gefallen, dachte ich haette Halluzinationen.
Die Orte sehen seit Lairg eigentlich alle gleich aus. Klein, kleiner, alle Haeuser in grau, nur einzelne Neubauten sind farbig angestrichen und die Daecher haben roetliche Pfannen.
Auf dem Weg von Nairn ueber Forres, Kinnross, Elgin, Garmouth, Portgordon, Buckie, Portknockie, Cullen und Portsoy bis Banff finde ich nicht ein Cafe, wo man sich in der Sonne draussen hinsetzen und einen Kaffee mit einem Stueck Kuchen essen kann. Also fahre ich heute durch, zumal von Westen eine schwarze Wolkenwand mir nachkommt, die nichts Gutes verheisst.
Nach kurzer Suche finde ich gg. 16.30 Uhr das Hotel, an dem der Zahn der Zeit auch schon kraeftig nagt und den aufgerufenen Hoechstpreis von £ 85 auf meiner Tour fuer Unterkunft mit Fruehstueck nicht Wert ist. Schon das Personal ist nicht besonders zuvorkommend und die Tuer braucht dringend Leim und Farbe, aber sauber ist es und warm!!! Kurz nach mir rollen zwei Busse mit pensionierten Schottlanddrundfahrern an. Ich weiss, wo ich heute Abend nicht esse.
Positiv ist zu vermerken, dass die Auszeichnung der Route in Schottland bisher mehr als einwandfrei ist. Nur vereinzelt habe ich ein kleines Problem den Weg zu finden, weil ein Schild zerstoert oder verdreht wurde. Aber das regelt sich schnell, da mein Kartenmaterial sehr gut ist. Ich hoffe es bleibt so, insbesondere in den nun anstehenden groesseren Staedten.
Uebrigens heute habe ich die beiden Berichte in einer oeffentlichen Buecherhalle geschrieben - kostenlos. Problem: Die Oeffnungszeiten, heute langer Mittwoch in Schottland bis 19.30 Uhr.
Zum Abschluss die technischen Daten:
Puls 105, Fahrzeit 6 Std 30 Min, Schnitt 17,1 km/h, 650 Hoehenmeter (davon 400 m auf den letzten 35 km), Steigung im Schnitt 3 %, max. 14 %. Temperatur in der Spitze 22 Grad, zum Nachmittag hin abfallend auf 17 Grad.
Ich habe doch bisher echt Schwein mit dem Wetter, keine zwei Stunden Regen auf den Shetlands - ansonsten bis auf ein paar Tropfen trocken - so kann es weiter gehen, drueckt die Daumen.

Dienstag, 15. Juni 2010

15.06.2010 - Tain - Nairn 94 km

Nach erholsamen Schlaf gibt es ein phantastisches Fruehstueck. Ein radelndes Ehepaar aus der Naehe von Edinburgh ist ebenfalls Gast im Haus, mit dem ich mich intensiv ueber Schottland und Radeln unterhalte.
Ab zum Elektroladen, wo ich um 10.45 Uhr mit den Berichte einstellen fertig bin und mich auf den vermeintlich 105 km langen Weg nach Nairn mache. Dann bis spaeter.
Waehrend meines Aufenthalts im Elektroladen hatte es angefangen zu regnen, aber nur leicht. Kurz nach dem Start wird es trocken. Sofort geht es von den Gestaden des Donnoch Firth hoch durch eine Landschaft, die an Bilder aus Suedengland erinnert. Einspurige Strassen mit den bereits bekannten Passing Places unter langen Baumreihen, entlang an Mauern an Weiden, auf den riesige Rhododendron rosa und lila bluehen und mit dem unveraendert vorhandenen Ginster Farbe ins Gruen bringen. Aber auch Farne und Koniferen begleiten mich am Strassenrand. Ca. 100 m oberhalb des Cromarty Firth habe ich herrliche Ausblicke auf denselben und die Black Isle gegenueber.

DSCF5042

Vorbei an Invergordon (siehe AIDA-Katalog, Anlaufhafen fuer Touren zum Loch Ness) geht es hinunter nach Dingwall (sieht aus wie jedes anderes Staedtchen hier in Scotland suedlich der Highlands) und ueber die Bruecke des Rivers Conon auf die Black Isle, bei der es sich eigentlich nur um eine Halbinsel handel, die noerdlich vom Cromarty Firth und suedlich vom Moray Firth umgeben ist. Kraeftezehrender langer Anstieg mit anschliessender Abfahrt auf die Bruecke ueber den Moray Firth nach Inverness, der ersten groesseren Stadt auf meinem Weg durch Schottland.

DSCF5046

Auf dem schmalen Radweg der Bruecke komme mir einige Tourenradler entgegen, fuer dich ich stoppe, damit sie ihren beschwerlichen Anstieg nicht unterbrechen muessen. Zwei Hollaender halten an, und wie schnacken mitten ueber dem Moray ueber Start und Ziel der Route (sie von Aberdeen nach Lerwick), Fussball und Tipps auf fuer die jeweilige Strecke. Einfahrt nach Inverness durch den Hafenbereich - nun ja. Im Stadtzentrum staerke ich mich bei McDonald's und beobachte das Strassenleben in der Fussgaegerzone. Z.T. erschuetternd zu sehen, wie sich Jugendliche und Rentner sowie Arbeitslose auf offener Strasse betrinken. Zwei aelteren Frauen sitzen neben mir und versuchen ein Gespraech anzufangen, gelingt nicht, da die beiden fuer mich mal wieder nicht zu verstehen sind. Insgesamt eine merkwuerdige Atmosphaere hier.
Durch die Fussgaengerzone und einen anschliessenden Anstieg schiebe ich einen 1 km. In Inverness kann man nach Loch Ness abbiegen, da ich spaet dran bin und man ja auch fuer die Zukunft noch Ziele (ohne Rad dann) haben sollte, verzichte ich darauf, diesen ca. 30 Meilen langen Abstecher zu machen.
Es folgen heftige Anstiege mit bis zu 18 % Steigung - ohne Absteigen, obwohl ich kurz davor war. Ueber Culloden geht es zum Assich Forest und die Fahrt ueber absolute nahezu verkehrslose Nebenstrassen durch Waldgebiete mit Laub- u/o Nadelwald vorbei an Farmland mit Blicken auf den Moray Firth und die Black Isle.
Bei Einfahrt nach Nairn und einem spaeteren Rundgang durch das Staedtchen bestaetigen sich die Ankuendigungen meiner Gastgeber heute Morgen bei der Abfahrt, dass Nairn als das Bristol des Nordens bezeichnet wird. Hier haben sich in der viktorianischen Zeit viele Adlige Sommerresidenzen errichtet, die immer nur fuer wenige Wochen oder Monate im Jahr genutzt wurden und auch z.T. heute noch genutzt werden. Wunderschoene Sandbucht mit allen Serviceeinrichtungen eines Seebades, nur im Wasser in niemand, Wasser eiskalt.
Nairn ist einfach nett, noch besser ist meine B+B-Unterkunft, das Cawdor House.

DSCF5050

Paul und Mairi Banks betreiben hier ein hervorragend eingerichtetes Haus mit 7 Zimmern

DSCF5049

mit einem Superservice, u.a. macht die Hausherrin fuer mich meine Waesche.
Im Kaminzimmer treffe ich auf fuenf gut situierte aeltere Herren, die eine Woche in Schottland zum Golfen verbringen und heute ihren letzten Abend haben. Man laedt mich zum Weisswein und den unvermeidlichen Chips ein. Der Wein schmeckt hervorragend und wirkt bei mir auf nuechternen Magen sofort. Wir unterhalten und sehr nett, ich kann Oliver, Charles, Tim, John und Andrew (so heissen die fuenf) durchweg sogar sehr gut verstehen, zwei sprechen auch ein wenig deutsch. Die fuenf essen zu Abend im Cawdor House, ich gehe in den Ort und folge der Empfehlung der fuenf, in The Classroom essen zu gehen. Ein Supertipp, Topservice, Topspeisen, gutes Bier. Mein Vorurteil ggue. englischem Essen muss ich wohl revidieren.
Zurueck im Cawdor House treffe ich im Speiseraum auf sechs gut gelaunte Herren (die fuenf = Paul) sowie Mairi. Ich werde gebeten, mich dazu zu setzen und den Unterschied zwischen einem Malt-Whisky und einem Blend-Whisky zu erschmecken. Der Blend ist juenger und wird mit Wasser getrunken. Der Malt zerlaeuft auf der Zunge und brennt in keinster Weise. Es wird ein lustiger Abend, in dem Mairi erzaehlt, dass ihr Grossvater eine kleine Whisky-Destillerie betrieb und so frueh die Vorzuege eines guten Whiskys kennenlernte (offenbar schon als Kind, wenn man die Glaeser abraeumt und dann die letzten Tropfen kostet - erinnerte mich an Besuch auf Weinfesten an der Mosel, wo die Kinder meist mit abraeumten und Reste tranken). Gegen 23.30 Uhr falle ich leicht angetrunken und hundemuede ins Bett.
Die technischen Daten: Puls 111, Fahrzeit 5 Std. 45 Min, Schnitt 16,1 km/h, 850 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 3 %, max. 18 %, Temperaturen von 14 auf 21 Grad ansteigend.
PS: Fred ist schon ein kleiner Schlawiner. Wir denken, er arbeitet in der Bank, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei ist das wohl nur Beschaeftigungstherapie. In Great Britain gibt es die Firmegruppe Somerfield. Na Fred, wenn wir das schon imemr gewusst haetten.

14.06.2010 - Tongue - Tain - 107 km

Einige von euch werden sich vielleicht schon gewundert habe, das ich noch kein Wort ueber den Linksverkehr verloren habe. Ist eigentlich auch bisher kein Problem, nur beim Rechtsabbiegen muss ich immer wieder aufpassen, dass ich nicht auf die falsche Spur komme. Aber bisher ist der Autoverkehr auch mehr als ueberschaubar.
Am Morgen verheisst der erste Blick aus dem Fenster nichts Gutes - es ist grau, grauer ....! Aber es soll waermer werden und die Sonne kommen. Positiv, der Wind kommt von Norden und damit weitgehend von hinten - ach ja: Und Deutschland hat 4:0 gewonnen, da schmeckt das vom JHG-Vater vertriebene Fruehstueck in Form von Cornflakes mit Milch und einem Kaffee doch gleich viermal so gut.
Um 8.45 Uhr gehts los Richtung Tain am Dornoch Firth im Distrikt Ross-Shire gelegen. Erstmal geht es die ersten 20 km bergan, bevor ich auf deas erste "Loch", das Loch Loyal

DSCF5019

und einen Radler aus Ipswich treffe, mit dem ich im Niemandsland 15 Min ueber das Radeln ansich und seinen Weg von Ipswich nach John O'Groats plaudere. Die ersten Cornwaller Radler fahren dort an mir vorbei. Erstmals geht es 10 km flach, herrlich bei Rueckenwind. Die Landschaft ist beeindruckend, kein Haus, kein Baum, nur das uebliche, Moor, Gras, Wasser, Ginster, ach ja und links und rechts von mir die beiden hoechsten Berge Schottlands mit jeweils knapp 1000 m Hoehe.

DSCF5021

Die Luft ist kalt, also fahren, fahren, fahren, um nicht wieder kalt zu werden. Gefuehlte 5 Grad bei ca. 10 Grad Temperatur. Ab und an kommt ein Auto oder ein Wohnmobil von vorn oder von hinten auf den im schottischen Norden ueblichen schmalen Strassen mit Passing Places (ca. alle 100 m). Geht i.d.R. problemlos mit dem Ueberholen und Begegnen, die Autofahrer warten i.d.R. auf den verrueckten Radler. An Tieren sehe ich heute nur zwei Rothirsche neben den schottischen Schafen auf den ersten gut 50 km. Auf mehr als 50 km sehe ich vielleicht 25 Haeuser, davon 15 in den Orten Altnaharra und Crask (hier 2!!). Nach Altnaharra komme ich auf den bisher hoechsten Punkt ca. 250 m ueber dem Meer und dann geht es auf 40 km fast nur noch bergab. Ich komme zum Loch Shin und nach Lairg, ein kleiner Ort mit ersten Zivilisationserscheinungen und finde nach einem Besuch einer Tankstelle tatsaechlich ein Cafe in einer Tourismusinfo. Ich schaele mich aus meiner Zwiebelkleidung (5 Schichten w/Kaelte in der Abfahrt) und geniesse die Waerme des Kaffes. Weiter gehts, die Landschaft veraendert sich voellig, am Ablauf des Loch Shin und des Kyle of Sutherland entlang geht es durch Laubwald und Nadelgehoelz, herrliche Luft, vorbei an den Falls of Shin (Wasserfall, nun ja Wassertreppe, auf der man Lachse beim Aufstieg beobachten kann). Mir begegnen ab und an Radler, mit einem, der seit mehr als einem Monat unterwegs von Lands End kreuz und quer durch GB unterwegs ist, unterhalte ich mich etwas laenger. Er gibt mir den Tipp, dass eine Faehre auf der Strecke zwischen Tain und Nairn nicht faehrt und ich eine andere Route waehlen muss. Raus aus dem Distrikt Sutherland und vorbei an der JHG Carbisdale Castle (in der die Charity-Radler uebernachten), in dem im II. Weltkrieg der norwegische Koenig ausharrte, als die Nazis Norwegen besetzten, geht es Richtung durch Tain bei zunehmenden Wolkenluecken und ansteigenden Temperaturen durch Farmland und kleinere Waelder, tolle Blicke auf Dornoch Firth.

DSCF5037

Gg. 16.00 Uhr erreiche ich meine B&B-Unterkunft Dunbius. Sehr zu empfehlen, Superzimmer, sehr nettes Ehepaar. Nach der Dusche suche nach einem internet-Service. Finde ihn in einem Elektoladen, wo ich angesichts der gewoehnungsbeduerftigen Oeffnungszeiten (9.00 bis 17.30 Uhr) nur 30 Min am 14. abends und dann 75 Min am Morgen des 15. meine Berichte einstellen kann.
Die Sonne kommt durch, das Thermometer steigt auf 20 Grad.
Rundgang durch das kleine Staedtchen fuehrt in ein Hotelrestaurant. Ich entscheide mich fuer das Radleressen, Lasagne, mit den auf der Insel wohl fast unvermeidlichen Chips. Sehr gut.
Zurueck zur Unterkunft und ab ins Bett.
Die technischen Daten: Puls 107, Fahrzeit 5 Std. 40 Min, gut 600 Hoehenmeter, Steigung Schnitt 2 %, max. 9 %, Schnitt 18,8 km/h, max. 58 km/h.

13.06.2010 - Von John O'Groats nach Tongue - 100 km

Nachdem ich nach 5 km gestern Abend die JHG

DSCF4998

erreicht habe, muss ich feststellen, hier gibt es nichts zu kaufen, essen, trinken. Was ist zu tun? Eine Gruppe von 16 Charity-Radlern aus Cornwall ist unmittelbar vor mir angekommen, sie bestreiten nach einer vorherigen Spendensammlung zur Sicherung eines Gesundheitsversorgungszentrums in Cornwall die klassische EGB/Radtour JO'G - Lands End ueber 876 Meilen mit zwei Begleitwagen. An Bord der Faehre erzaehlte einer aus dem Staff, dass morgens 600 Radler zu einem grossen Charity-Race nach Lands End aufgebrochen seien, die auf Rennraedern mit Begleitservice in 10 Tagen die Strecke bewaeltigen wollen.
Ich bestelle ein Taxi, da ich keine Lust auf Radeln mehr habe. Taxifahrer erzaehlt mir ueber die Probleme mit der Entvoelkerung der Highlands in Schottland, die jungen Leute gehen und kommen erst als Rentner zurueck. Daher ist die Infrastruktur mit Gastronomie, Geschaeften usw. eigentlich kaum noch vorhanden.
Das Essen im Seaview-Hotel ist vorzueglich (es geht doch, auch in Schottland). Der Blick auf den Pentland Firth ist faszinierend, die Stroemung durch den Tidenhub veraendert laufend die Linie der Wellen ca. 300 m vor der Kueste. Nach einem kurzen Spaziergang, der im allerfeinsten schottischen Spruehregen endet, gehe ich noch kurz in den Hotelpub, wo ich mit einem Waliser aus Swansea (I like Scotland) und einem Schotten, der in Osnabrueck als Soldat der British Army stationiert war und wohl deshalb noch heute seine Tarnkleidung traegt, ins Gespraech - soweit das moeglich ist! Der Schotte ist beim besten Willen nicht zu verstehen. Taxi kommt, ab ins Bett.
Beim Fruehstueck (hatte ich der JHG-Mutter fuer 2 £ abgeschnackt) bestehend aus Cornflakes, Milch, ungetoasteten Topast, Marmelade und Kaffee viele Gespraeche mit den Cornwallern. Die Strecke heute waere flach, so die Ankuendigung eines aus London stammenden Teils der Gruppe. Nun ja, der Tag wird es zeigen, es wird hammerhart.

Wettervorhersage kuendigt Dauerregen an. Nun ja, ist es trocken, nur ab und an troepfelt es, so gut wie kein Wind, Radlerherz, was willst du mehr? Kurz vor halb 9 gehts los durch den Distrikt Caithness. Auf den ersten 14 km begegne ich keinem Auto, der Asphalt ist durchweg very rough. Am Horizont kann ich das Castle of Mey der Queen Mum, der Mutter von Queen Elizabeth erahnen. Nur vereinzelte Haeuser, Tannenschonungen (nur dann wachsen Baeume, erzaehlte mir der Taxifahrer, wenn die Schafe fern gehalten werden), es geht auf un ab. Erster Ort ist Castletown, vieles im Verfall, die bewohnten Haeuser sind in z.T. erbarmungswuerdigen Zustand, Farbe??? Erinnert etwas an die DDR zur Wendezeit.
Viele kleine Fluesse aus den Highlands kommend muenden mit der Folge, dass es immer wieder an der Kueste entlang steil bergab und gefuehlt noch steiler bergauf geht. Einziger groesserer Ort ist Thurso, ansonsten kleine und kleinste Ansammlung einzelner Haeuschen und viele Gehoefte mit Landwirtschaft und Viehwirtschaft. Irgendwie trostlos, die Gegend mit Hochmoor, Gras, Ginster und immer wieder Wasser.

DSCF5008

DSCF5009

Erst ca. 20 km vor Tongue finde ich ein Cafe mit herrlichem Blick auf eine Dünenstrandbucht,

DSCF5007

das geoeffnet hat, Mit einem warmen Blueberrymuffin schmeckt das herrlich und waermt auf. Gefuehlt liegt die Temperatur weit unter den angezeigten 12/14 Grad. Nach zwei letzten gefuehlten hammerharten Anstiegen geht es hinein nach Tongue zur JHG, die unter am Kyle of Tongue liegt

DSCF5012

- Problem: Wo ich runterfahre muss ich morgens wieder hoch - Vorteil: Man ist gleich warm.
Auch in dieser JHG gibt es nichts zu Essen. Schliesse mich den auch hier uebernachtenden Cornwallern an, die in einem Hotel einen Tisch bestellt haben und mit den beiden Wagen dort hinfahren. Auch hier gutes Essen und sehr nette Gespraeche mit der Gruppe ueber insbesondere Fussball und die Probleme der englischen Torhueter. Deutschland-Spiel faellt fuer mich daher aus, nun ja, die JHG hatte auch keinen Fernseher. Nach dem Essen nehmen die Cornwaller noch einige Whisky, auf die ich verzichte.
Die technischen Daten heute: Puls 105, Schnitt 14,9 km/h, Fahrzeit 6 Std. 20 Min, 1000 Hoehenmeter, Steigung im Schnitt 4 %, max. 13 %, max. 64 km/h trotz Bremse bei einer Abfahrt mit bis zu 28 % Gefaelle.

Sonntag, 13. Juni 2010

12.06.2010 Orkneys 1o4 km

Faehre von Lerwick nach Kirkwall/Orkney am 11.6. um 17.30 Uhr geht puenktlich. Essen im Supermarkt besorgt. 2 Tage vorher war Faehre w/Virusalarm bei Passagieren und Besatzung nicht gefahren, wie mir ein deutsches Radlerehepaar morgens in der JHG Lerwick erzaehlten. Daher nichts essen von Bord. Neben sitzt ein aelteres Schweizer Ehepaar aus Basel, die nach einer Hochzeitsfeier in Wales eine Rundreise durch England und Schottland machen und nach 4 Tagen Shetlands noch je 2 Tage in Orkney und Inverness verbringen. Die Englaender + Schotten sehen Fussball und trinken reichlich Bier. Um 22.30 Uhr Last Order und die Bestellungen laufen auf Hochtouren. Ein junger Mann kommt mit einem Tablett mit 8 Bieren in den Bereich der Schlafsessel, diskutiert mit Freundin und ........ schuettet 4 Liter Bier auf die vor ihm stehenden Sitze. Es gibt Aerger mit der Besatzung und ich hoere von dem Ungluecksraben eigentlich immer nur drei Worte, "fuck off", "fucking". Der Geruch wird penetrant. Gott sei Dank legt die Faehre schon in Kirkwall an. Mit mir gehen 8 Radler von Bord. Als wir aus dem Schiff rauskommen, fallen wir fast alle um. Sturm, gegen den wir 200 m aus dem Schiff auf dem Kai ankaepfen muessen (auf See hat man hiervon nicht viel gespuert). Aber dann habe ich 3 km Rueckenwind zum Kirkwall Hotel - herrlich. Ich frage zwei Passanten nach dem Hotel - ich stehe davor, nur das Namensschild ist nicht beleuchtet. Einchecken, Rad unterbringen, aufs Zimmer, 3. Stock, aeusserte Ecke, zweimal laufen, die Beine jubilieren. Hotel ist sehr "old fashioned", aber sauber. Dusche, Schlafen.
Morgens beim Freuhstueck treffe ich auf eine riesige Gruppe britische Pensionaere auf Schottland-Rundreise. Fruehstueckseigenheiten Scotlands erlerne ich. NAch Blick in die in Leder bebundene Fruehstueckskarte bestelle ich in Butter gebratene Salted Haddock, Ruehrei, Bacon und Tomate. Dazu Toast mit Marmelade (Kaese und Wurst Fehlanzeige). Nun ja, der Haddock liegt mir den ganzen Tag im Magen.

Gegen 8.30 Uhr los, es ist trocken, nachdem beim Aufstehen noch eine schwarze Wolkenwand und Sturzregen nichts gutes verhiess. Als erstes treffe ich eine Australierin die ein Foto von mir machen will. Merke, nicht ich habe sie angesprochen, sondern sie mich. Sie erzaehlt mir, dass sie sich fuer die Historie der Orkneys sehr interessiert und die Inseln bereits seit 5000 Jahren besiedelt sind. Daher gibt es sehr viele historische Staetten auf den Inseln. Ich betrachte daher bewusst auf meiner Tour den Ring of Brodgar

DSCF4951

und die Stehende Steine von Stenness.

DSCF4965

Der Wind hat nachgelassen, ist aber immer noch sehr kraeftig. Terrain wieder sehr anspruchvoll, insbesondere bei 35 km gegen den Wind und wie auf den Shetlands immer nur auf und ab. Die Orkneys sind aber von der Landschaft fliessender, nicht so dramatisch und steil wie die Shetlands, haben daher auch herrliche Sandstraende.
DSCF4943.

DSCF4941,

Weite Flaechen, Ackerbau, Viehwirtschaft, deutlich weniger Schafe als auf den Shetlands, viel mehr Kuehe. Haeuser alle grau, bis auf Kirkwall Orte deutlich kleiner und mehr als ueberschaubar (Strassendoerfer). Sehr viele alleinstehende Bauerngehoefte, viele davon im Verfall, da nicht mehr bewohnt. Deutlich weniger Autoverkehr als auf den Shetlands, aber mehr Touristen unterwegs, auch Wohnmobile aus ganz Europa.
Beschliesse, die Tour etwas kuerzer ausfallen zu lassen. Nach rd. 60 km komme ich zurueck nach Kirkwall bei Sonnenschein und Rueckenwind. Jetzt sind die guten Zeiten des Radelns ohne Gepaeck vorbei, nach einem Kaffee und einem leckeren Toast draussen in der Sonne vor der Kathedrale von Kirkwall

DSCF4975

hole ich die Gepaecktaschen im Hotel ab und fahre ab sofort mit ca. 20 kg mehr als bisher die gut 40 km zur Faehre an der Suedspitze von Orkney-Mainland in Burwick.

Ueber 5 "causeways" (Daemme durch Buchten)

DSCF4982

mit den wunderbaren Hinweisschildern "Caution, you drive on your own risk, wind crossing, wave action" gehts immer weiter nach Sueden vorbei an St. Margrets Hope (hat vielleicht etwas mit Prinzessin Margret, der Schwester der Queen zu tun?????). Um 15.30 Uhr komme ich in Burwick an, kein Mensch, drei Fischkutter, ein Anleger, nur verfallene Haeuser.

DSCF4988

Wenn ich nicht mittags nachgefragt haette, ob die Fahere faehrt, ich waere mehr als unsicher gewesen. Das Wartehaus ist aber einwandfrei und tatsaechlich um 17.00 Uhr ist die Faehre, die Pentland Fortune aus John O'Groats da. Ich gehe als zunaechst einziger Fahrgast an Bord. Kurz vor Abfahrt komme zwei Busse mit 110 Personen, die vom schottischen Festland einen Tagesausflug auf die Orkneys gemacht haben. Neben mir sitzt ein kanadisches Ehepaar aus Schottland-Rundreise aus Hamilton/Ontario und eine junge Italienerin aus Florenz und ein Englaender aus Manchester, der die ersten vier Jahre seiner Kindheit in Trier verbracht hat. Es gibt nette Gespraeche ueber alles was einen Reisenden bewegt, bei der angenehm ruhigen 45 minuetigen Fahrt ueber den 6 Seemeilen breiten Pentland Firth, der aufgrund extremen Tidenhubs als stets unruhig mir avisiert wurde.
Ankunft am noerdlichsten Punkt des schottischen Festlands gg. 18.00 Uhr,
DSCF4999.

DSCF5001.

noch 5 Kilometer bis zur JHG in Canisbay.
Die Daten des Tages: Puls 113, km/h-Schnitt 18,2, Hoehenmeter 900, Steigerung im Schnitt 3 %, max. 13 %, ca. 30 km bergan, max.Geschwindigkeit 56 km/h.

Freitag, 11. Juni 2010

11.06.2010 2. Tag - Shetlands / 90 km

Gestern Abend konnte ich mich an einem ungewuerztem Abendessen bei einem Chinesen, der sehr gut besucht war, insbesondere durch eine Geburtsgesellschaft und eine Gruppe betrunkener Norweger, ergoetzen. Nur dank Pfeffer und Salz war etwas Geschmack hineinzubekommen. Service war auch mau, kein Trinkgeld. Dank zweier Bier (wegen der Vitamine) ging es um 22.30 Uhr in einen erholsamen Schlaf.
Nach einem selbstgemachten Fruehstueck (JHG bietet es nicht an) ohne Kaffee aber mit Shetland-Milch und -Pappbroetchen (aber mit dunklen Getreideeinschuessen), Philadelphia- und Leerdammer-Kaese sowie einem Joghurt mit der Ecke (man sieht, fast alles kommt auch auf die Shetlands) bin ich gestaerkt fuer den zweiten Radtag.
Um 8.15 Uhr gehts bei ersten Tropfen Richtung Suedspitze von Mainland los. Schnell wird es feuchter und nach 20 km muss das Regenoutfit angelegt werden. Der Wind hat gedreht und kommt von vorn. Natuerlich geht es wieder staeding rauf und runter. Die Landschaft ist mit ihrer Kargheit schon beeindruckend, fast mystisch. Die Küste wechselt ständig von steil abfallenden Felsen
DSCF4924

zu langen Sand-/Dünenstränden.

DSCF4915

DieStrassen haben wie gestern einen groben Asphaltbelag (fuer die Cyclassicer: wie bei Dammhausen), so dass die Raeder nicht so richtig rollen wollen. Neben den Schafen sind wohl wilde Zwergkaninchen die Hauptbewohner der Shetlands, staendig flitzen die Tierchen ueber die Wiesen und die Strassen, wo die Ausfallquote nach den Kadavern an und auf der Strasse recht hoch sein duerfte. Man koennte ja auch nicht ueberall Warnschilder aufstellen, dann doch vereinzelt ein Warnschild fuer die Strasse kreuzende Ottern.

DSCF4879

Kurz vor der Suedspitze kreuze ich die Lande-/Startbahn eines Flugplatzes, auf dem sogar reger Betrieb herrscht. Am Suedeende gibt es nur Wasser zu sehen. Irgendwo am Horizont ist noch eine der unzaehligen Inseln der Shetlands zu sehen. Der Nordseeradwanderweg verlaeuft nur auf der Hauptinsel, dem Mainland. In Sichtweite befinden sich eine Vielzahl von kleinen, kleineren und ganz kleinen aber auch groesseren Inseln, die so schoene Namen wie Papa Stour, Papa Little, Foula, Moussa oder Whalsay tragen.

Von der Suedspitze geht es dann wieder zurueck nach Lerwick, weitgehend mit Rueckenwind und trocken.
Die technischen Daten heute: Puls 123, Fahrzeit 5 Std 50 Min, 17,1 km/h im Schnitt, 1200 Hoehenmeter, Durchschnittsteigung 4 %, max. 14 %, d.h. 30 km bergan.
Die technischen Daten fuer gestern als Nachtrag: Puls 137, Fahrzeit 7 Std, 17,9 km/h im Schnitt, 1600 Hoehenmeter, Durchschnittsteigung 3 %, max. 15 %, d.h. gut 50 km bergan.
So jetzt muss ich Schluss machen, meine Faehre nach Kirkwall geht um 17.30 Uhr, wo ich hoffentlich um 23.00 Uhr ankomme. Dann ins Hotel und schlafen.

8. - 10. Juni 2010 Anreise nach Lerwick/Shetlands

Meine Herzallerliebste (Frauke) faehrt mich zum HH Hauptbhf. - Abschiedsschmerz und dann geht es gleich gut los: Abfahrt statt 11.46 Uhr erst 11.55 Uhr - auf die Bahn ist Verlass. Klappt der Anschluss in Osnabrueck? Holen wir wieder ein sagt der Schaffner, stimmt zwar nicht, aber es reicht dann doch. Weiter nach Amersfoort/NL, bei 2 Min. Umsteigezeit (hatte eigentlich mit Weiterfahrt nach 29 Min. gerechnet, aber der Anschlusszug steht am gleichen Bahnsteig ggue. geht es weiter nach Rotterdam/Centraal. Probleme dank Bauarbeiten, sehr unuebersichtlich, aber nach einmal raus aus dem Bahnhof und zweimal hoch auf den Bahnsteig finden ich dann doch das total versteckte Gleis. Weiter nach Hoek van Holland, wo ich 30 Min. frueher als gedacht ankomme und nach kurzer Wartezeit auf der STENA Britannica einchecken kann zur Ueberfahrt nach Harwich ins Land der Queen. Kabine o.k., Dusche wunderbar, Abendessen bescheiden, aber wer die Nordsee mit dem Rad umrunden will, muss ohnehin manchmal leiden - dann lieber hier beim Essen.
Auf einer Bahn-/Schifffahrt lernt mal natuerlich viele Leute kennen. Im Zug von HH nach OS einen Nuernberger, der an der Elbe und durch Meck-Pomm in 10 Tagen 750 km zurueckgelegt hat; einen Trierer der mit Autokarten an Mosel und Rhein nach Holland und von dort an der Kueste bis Sylt geradelt ist. An der Faehre treffe ich ein Paar aus Amsterdam, das bis Ende August den Nordseeradwanderweg vollstaendig in einem Rutsch befahren will. Wir tauschen gute Wuensche und ein paar Tipps aus und hoffen auf ein Wiedersehen irgendwo zwischen Newcastle und Edinburgh, da ich von Norden und die beiden von Sueden kommend uns irgendwo dort begegnen muessten. Ein engl. Paar aus Norwich hat an Rhein und Mosel geradelt und auf der Heimreise, will dort aber nicht mehr radfahren (vermutlich die Umstellung von Rechts auf Links das Risiko).
Wetter war uebrigens durchwachsen, in D heiter bis wolkig, in Rotterdam goss es wie aus Kuebeln. Dunkle Wolken an der Kueste.

Am naechsten Morgen heisst es zeitig aufstehen - 5.10 Uhr (engl. Zeit - eine Stunde gewonnen), nach einem ordentlich Fruehstueck soll es um 6.30 Uhr vom Schiff gehen, um 7.13 Uhr faehrt der Zug nach Manningtree. Aber das klappt nicht, da unter meinem Deck genau unter der abzusenkenden Rampe noch ein Auto steht, wo der Fahrer wohl verschlafen hat. 6.45 Uhr werde ich unruhig, ab durchs Treppenhaus mit 35 kg Fahrrad incl. Gepaeck. Endlich runter von der Faehre, nach einige vorgegebenen Runden auf dem Hafengelaende geht es durch die Passkontrolle per Rad auf den Bahnsteig.
Keine Treppen behinderten-/fahrradgerechte Rampen! Der Zug kommt puenktlich
, keine Probleme beim Umsteigen in Peterborough und Edinburgh, so dass ich nach einem zwischenzeitlichen Besuch im vodaphone-shop in Edinburgh (s.u.) puektlich in Aberdeen ankomme.
Die Landschaft in Great Britain ist von weitlaeufigen landwirtschaftlich genutzten Flaechen, kleineren Orten mit vielen, sehr vielen typischen englischen Haeusern (vornehmlich Reihenhaeusern) gepraegt. In alten Industriestaedten wie Newcastle nagt der Zahn der Zeit zum Teil heftig. Aber die Eindruecke aus dem Zug sind positiv, das Landschaftprofil je weiter man nach Norden von immer mehr Huegeln und Baumreihen gepraegt. Bin gespannt, wie sich das Terrain aus Fahrradsicht darstellt.
Die graue Stadt am Meer empfaengt mich in Grau, Haeuser, Himmel und Wasser. Ab zur Faehre, da auf den ersten Blick kein vodaphone-shop zu sehen ist. Beim Einchecken grade ich meinen gebuchten Schlafsessel up auf eine 4-Bett-Innenkabine und freue mich auf die Dusche.
Beim Warten vor der Faehre kommt es natuerlich zum Gespaech mit einem anderen Radler (mehr waren da nicht) aus Bristol. Will, so heisst er, will fuenf Tage auf den Shetlands radeln, ist ansonsten aber eher etwas mundfaul (oder er versteht mich nicht richtig und ich ihn nicht).
Vor mir stehen zwei Liliputaner aus Holland, die auf einer Motorradspezialanfertigung unterwegs sind und die Shetlands so erfahren wollen. Haette nicht gedacht, dass es moeglich ist bei der Koerpergroesse ein schweres Motorrad zu fahren und zu halten, wenn man an der Ampel steht.
Nach der Dusche beobachte ich vom Achterdeck die Ausfahrt aus dem Aberdeener Hafen, von wo aus die Oelplattformen in der engl. Nordsee versorgt werden, dementsprechend liegen hier reichlich entsprechende Schiffe. Kurz nach der Hafenausfahrt bleibt das Schiff nach einigen beunruhigenden Geraeuschen stehen. Eine gute Stunde tut sich so gut wie gar nichts. Es steht auf der Stelle - nur Seitenbewegungen ueber Heck und Bug. Der Kapitaen begruendet das ganze mit einer routinemaessigen Kalibirierung der Kompassanlage. Endlich geht es weiter, mit einem leicht unguten Gefuehl, ob man wohl in Lerwick ankommt? Das Abendessen ist so lala, das Bier aber lecker. Nachtruhe um 22.00 Uhr, die Duenung wird hoeher, das Schiff rollt maechtig. Morgens schlingert es schon maechtig, mir wird fast uebel und beim Toilettengang zieht es mir fast die Fuesse unter den Beinen weg. Das haette noch gefehlt.
6.45 Uhr am 10.6. aufstehen, beim fruehstuecken (wieder eher mau) sehe ich hinter uns die AIDAaura, die heute in Lerwick anlegt (Beweisfoto beim Auslaufen noch gerade zustande gekommen). 7.45 Uhr rolle ich von Bord Richtung Jugendherberge. Gespaeck abstellen und aufs Rad, mal sehen was die Beine nach zwei Tagen Nursitzen und -liegen so sagen.

Vodaphone oder Problemtelefon - internet-Zugang in good old germany klappte einwandfrei. In Holland und auf der Insel funktioniert ist nicht. Hinweis beim Versuch ueber vodaphone ins net zu kommen: Simkarte ist nicht fuer Zugang berechtigt. Nun ja, ich gebe die Hoffnung nicht auf, das Ding doch noch nutzen zu koennen, sobald ich wieder in Aberdeen oder Edinburgh ankomme geht es weiter mit dem Versuch, das Ding noch zum Laufen zu bringen. Frauke war leider im vodaphone-shop in Buxte auch erfolglos (Datenschutz!!! Datenschmutz??? Da ich in Lerwick nicht auf meinen Blog komme (w/Virusgefahr sind in der JHG sehr viele Seiten gesperrt) stelle ich den Bericht per e-mail ein und Frauke bzw. David oder Tobi bringen ihn dann auf die nordseerundumperbike-Seite.

Montag, 24. Mai 2010

Great Britain - eine Insel will erfahren werden

Nach einem Jahr Pause mangels Zeit usw. geht es demnächst mit der Nordseeumfahrung per Rad weiter.
Am 8. Juni fährt der Zug von Hamburg nach Hoek van Holland, über Nacht mit dem STENA-Fährschiff nach Harwich, von dort per Zug nach Aberdeen um abends auf die Fähre auf die Shetlands zu steigen, wo ich hoffentlich am 10. Juni um 7.30 Uhr ankommen werden. Und dann gehts los, 2 Tage Shetlands, abends Fähre auf die Orkneys, 1 Tag radeln auf der Hauptinsel, abends mit der Fähre zum schottischen Festland nach John O'Groats. Von dort geht es über Aberdeen, Dundee, Edinburgh (hier 1 1/2 Tage Pause) durch Schottland und dann in England über Newcastle, Middlesborough, York, Hull, Norwich, Ipswich nach Harwich, wo ich am späten Abend des 1. Juli wieder auf die STENA-Fähre steigen werde, um am 2. Juli mit dem Zug von Hoek van Holland zurück nach Hamburg zu kommen - hoffentlich rechtzeitig zum Viertelfinale unserer Fußballnationalmannschaft bei der WM in Südafrika (wenn sie dann noch dabei sein sollten).
20 Tage auf dem Rad mit ca. 2.300 km, gut 1 Tag Pause und 3 Tage An-/Abreise stehen bevor. Hoffentlich spielt der Wetter- und vor allem auch der Windgott (bitte immer von hinten) mit.
Dann fehlen noch rd. 600 km in Norwegen von Kristiansand bis Bergen, um die Nordseeumrundung zu vollenden, die für 2011 anstehen.

Samstag, 28. Juni 2008

1. Freitag - 20. Juni 2008

Holländische Grenze - Emden - 47 km
Adieu Holland, du Paradies für Radfahrer. Was erwartet mich in Deutschland - Rückenwind, ich hoffe - aber!!!!
In Bunde stärke ich mich noch mal mit einen Kaffee und Apfelkuchen mit Sahne. Über Weener geht es vorbei an Leer links der Ems Richtung Emden, vorbei an so bekannten Orten wie Bingum, Jemgum, Midlum, Critzum und Ditzum gegen sturmähnlichen Wind mit immer müderen Beinen. Endlich die Fähre über die Ems nach Petkum mit feuchtfröhlichen alkoholisierten Mitarbeitern des Wasser- und Schiffahrtamtes Emden auf der Rückfahrt vom Fahrrad-Betriebsausflug. Wir unterhalten uns angeregt im Spritzwasser vom Wellengang auf der Ems, ich friere und werde intensiv vor den Folgen zu intensiven Fahrradfahrens von einem älteren Herrn gewarnt. Endlich wieder Boden unter den Füßen geht es die letzten rd. 10 km nach Emden zur Jugendherberge, die ich um ¼ nach 6 erreiche. Die JHG ist voll mit Fußballern in vornehmlich türkischen Trikots – Mitarbeitern einer Zuliefererfirma von Volkswagen, die am Wochenende ein Fußballturnier in Emden haben.
Für das Essen am Abend in der Innenstadt von Emden entscheide ich mich für ein Lokal mit Großbildleinwand und treffe dort auf die JHG-Mitbewohner, die sich stimmungsvolle Gesangsduelle mit kroatischen Fußballfans liefern. Unter großen Schirmen stört dann auch der einsetzende Regen und das mehr als maue Spiel der Türken und Kroaten nicht. Ich gehe kurz vor Ende der regulären Spielzeit und höre kurz vor Mitternacht in der JHG die Jubelgesänge nach dem Sieg der Türken im Elfmeterschiessen.
Nach mehr als 40 km mit strammen Gegenwind, einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,3 km/h und einer max. Geschwindigkeit von 38,5 km/h und 8 ½ Stunden im Sattel bei 58 UPM schlafe ich aber schnell wieder ein.

4. Montag - 23. Juni 2008

Wremen – Buxtehude – 142 km
Früh am Morgen werde ich wach, der Wind macht heute ordentlich Krach. Die Freude hierüber hält sich bei mir in Grenzen. Nach dem ordentlichen Frühstück, Wurst und Käse.direkt aus den Tupperwaredosen zu entnehmen, erkläre ich noch den beiden Westerwälder Ehepaaren, wie sie am besten ihre Unterkunft in Hamburg erreichen. Kurz nach 9.00 Uhr breche ich unter düsteren Wolken auf zu meinem letzten Tag der 2. Etappe meiner Nordseeumrundung. Nach kurzer Gegenwindpassage genieße ich die stürmischen Böen im Rücken, die mich nach Cuxhaven treiben. Nach 15 km muß ich mich mal wieder gegen Regen schützen. Weiter geht’s am Deich entlang, Slalom fahrend zwischen Kuhfladen, fliegen die sicherlich allen bekannten Nordseebäder Dorumer Neufeld, Cappel-Neufeld und Spieka-Neufeld an mir vorbei. Durch Berensch und Arensch durch erreiche ich Cuxhaven im Sturzregen. Überall begrüßen mich die Zimmer frei-Schilder. Neuwerk ist am Horizont zu erahnen, ein Containerriese läuft gerade in die Nordsee raus und die berühmte Kugelbake wird ordentlich nass, so wie ich. Der Regen hält mich von einem längeren Aufenthalt in Cuxhaven ab, weiter geht es erstaunlichweiser weiter mit Rückenwind Richtung Otterndorf. Im unverminderten Sturzregen genieße ich in einem Cafe mein Mittagessen, Milchkaffee und zwei Stück Kuchen, draußen unter einer Markise – die Kellnerin wirkte ein wenig irritiert. Aber ich bin nicht allein, neben sitzt noch ein Otterndorfer Radfahrer, der darauf wartet, sein Rad aus der Werkstatt abzuholen. Er berichtet, daß er wie ich ein Stevens-Fahrrad hat, mit dem er sehr zufrieden ist, und täglich damit nach Cuxhaven zur Arbeit fährt – ca. 40 km täglich.
Der anhaltende Regen hält mich nicht von der Weiterfahrt Richtung Wingst ab. Es geht zum höchsten Punkt meiner diesjährigen Nordseetour, gut 50 m über Meeresspiegel. Auf unbefestigtem, durch den Regen sehr rutschigem Weg kämpfe ich mich im Wald der Wingst den „Berg“ hoch Vorbei an Deutscher Olymp (so heißt der zweithöchste Punkt) und Königstanne stürze ich mich in die Abfahrt und in einer Kurve mit Sandpassage fast zu Boden. Aus dem Wald heraus wird es trocken und komme am „Hemmoorer Loch“, einem bekannten Taucherparadies in Verenas Heimat, Hemmoor. Nach Überquerung der Oste mit steiler Abfahrt (meine Bremsen sind dank Sand und Regen nicht mehr die Besten) mit Füßen auf dem Boden bin ich im Örtchen Osten an der Schwebefähre über die Oste

DSCF2006

DSCF2007

vorbei – ein historisches Technikrelikt, das man heute noch nutzen kann, aber dank der danebenliegenden Brücke der B 495 über die Oste wohl nur noch von Fußgängern und Radlern genutzt wird. Mehr oder minder entlang der Oste erreiche ich nach harten Kampf mit müden Beinen gegen den Wind Himmelpforten, dort soll ja das Christkind zu Hause sein. Mich zieht es nach Haus und weiter über Stade (hier geht’s noch mal rauf und runter) entlang der Bahnstrecke über Agathenburg, Dollern, Horneburg und Neukloster nach Buxtehude, wo ich kurz nach 18.00 Uhr nach knapp 8 Stunden im Sattel bei einem Durchschnitt von 18,1 km/h, max. 33 km/h und 48 UPM total erschöpft aber glücklich und zufrieden ankomme. Willkommensküsse und ein langes entspannendes Bad lassen mich die Qualen meiner Tour mit reichlich „Sitzpickeln“ am Hintern ein wenig vergessen.

Die Belastung auf diesen insgesamt 1.131 km in 7 Tagen war schon hoch. Wenn die Gesamtstrecke länger gewesen wäre, hätte ich jetzt einen Ruhetag einlegen müssen, die Beine und der Kopf waren doch sehr müde. Lag aber wohl auch an der Strecke – mit Ausnahme von Teilen Hollands landschaftlich eintönig und eher uninteressant.
Da war die Strecke im Vorjahr mit den Highlights in Norwegen und Schweden doch deutlich motivierender.
Nun ja, es ist vollbracht und die Vorfreude insbesondere auf Schottland und die Strecke in Norwegen von Kristiansand nach Bergen lässt mich zuversichtlich auf die Vollendung meiner Nordseeumrundung blicken.

3. Sonntag, 22. Juni 2008

Horumersiel – Wremen – 143 km
Am Morgen werde ich durch einen heftigen Regenschauer geweckt. Nach einem ausgiebigen Arche-Frühstück geht’s gg. 9.00 Uhr los. Es ist trocken und der Wind kommt von vorn. Im Wangerland am Deich entlang zum letzten Siel, Hooksiel, und dann vorm und auf dem Deich nach Wilhelmshaven – Industrielandschaft mit Anlegebrücken für Öltanker, Raffinerie und Tanklagern und der Riesenbaustelle für den Jade-Weser-Port. Kurz vor dem Marinestützpunkt empfangen mich dumpfe Bässe von einer nächtlichen Tecnoparty. Alkoholisierte und total übermüdete Gestalten schleichen umher, mitten in einer Grünanlage mit einem Pavillon, in dem die Party wohl abgegangen war. Ins Rad läuft mir keiner, aber irgendwie bin ich froh, daß ich heil dran vorbeikomme. Wilhelmshaven zieht sich, durch stereotype Wohngebiete vorbei an Kaianlagen komme ich an die Costa de la Schlick von WHV, dem Bordumer Sand..Kitesurfer, Schlickwanderer und Blick über den Jadebusen, für einige Minuten des Inhalierens ganz schön, aber hier Badeurlaub machen – ne! Gegen den zunehmenden Wind kämpfe ich mich langsam voran. Nach unendlichen 12 km genieße ich ersten Windschutz durch kleine Wäldchen und die sukzessive Änderung der Fahrtrichtung Richtung Ost und später Nordost = Rückenwind. Mittagspause in Dangast, dem ersten niedersächsischen Nordseebad mit einer Jod-Sole-Wasser-Quelle in 573 m Tiefe, die 40 Millionen Jahre alt sein soll. Inspiriert von der besonderen Landschaft am Jadebusen (das Besondere habe ich indes nicht registreiert) lebten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts diverse Expressionisten, die Künstlergruppe „Die Brücke“ umfasste u.a. so namhafte Maler wie Pechstein und Heckel.
Nun ja, da ich ja eher zur Spezie der Kunstbanausen zähle, genieße ich das zügige Vorankommen dank Rückenwind. Wie im Fluge ziehe ich an Arngast Sand, Vareler Watt, Schweiburger Watt, Seeburger Watt und Stollhammer Watt vorbei und merke erst, daß ich den Jadebusen fast umrundet habe, als mich nach einem Fahrtrichtungsschwenk nach Westen Richtung Eckwarderhörne der Wind wieder entgegenkommt. Ich fahre zu einer jungen Dame auf, die ebenfalls mit reichlich Gepäck sehr gemächlich dahinrollt. Sie kommt aus Baden-Württemberg, fährt von Leer nach Hamburg wie ich auf dem Nordseeküstenradwanderweg und spricht so langsam wie sie fährt, max. 50 km am Tag. Ich verabschiede mich, als der Wind wieder schräg von hinten mich nach Tossens im Butjadinger Land treibt. Bedrohliche dunkle Wolken, Donnergrollen und Blitze sind rundum zu sehen, erste Tropfen fallen, Regenzeug bei schwüler Witterung sind angesagt – alles klebt. Nördlich von Tossens windet sich die Strecke wieder gen Osten Richtung Weserfähre, leider hat der Wind gedreht und kommt in Sturmstärke auf den nächsten 10 km schräg vorn vorne – mir bleibt fast nichts erspart heute – außer Starkregen, die Regenkleidung lege ich wieder ab, endlich wieder frische Luft an Armen und Beinen.
Endlich erreiche ich Blexen, von wo die Weserfähre rüber nach Bremerhaven geht, meinem urspr. anvisierten Tagesziel. Da es trocken bleibt und für Morgen die Wettervorhersage gelinde gesagt mau ist, entscheide ich mich, noch rd. 17 km weiter nach Wremen, dem größten Ort zwischen BRV und Cuxhaven zu fahren. Die Wasserlinie von Bremerhaven macht mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum mit diversen historischen Schiffen in einem der Hafenbecken und dem Besucherzentrum Lloyd-Werft/Überseehäfen auf mich einen positiven Eindruck – sonst hört und liest man ja meist über Bremerhaven nur im Zusammenhang mit Rekord-Arbeitslosenzah-len und hohen „braunen“ Wahlprozenten. Auf der Fahrt vorbei und durch die BRV-Hafenanlagen radele ich bestimmt 5 km nur neben PKW, die exportiert oder importiert werden. Vier riesige Autotransportschiffe liegen an den Kais, riesige Parkhäuser für die PKW sind zu sehen, z.T. noch im Bau. Später fahre ich an den Containerhäfen vorbei. Gott sei dank ruht am Sonntagabend die Arbeit im Hafen weitestgehend, am Montagmorgen wäre es bestimmt für einen einsamen Radler hier zwischen LKW und Eisenbahn nicht ungefährlich. Gute Entscheidung, heute abend die Strecke, die man nicht anders umgehen kann, zu bewältigen.
In Wremen kurz nach 19.00 Uhr angekommen, bekomme ich im Hotel Treibsand das letzte freie Zimmer. Ungewöhnlich, daß man sein Fahrrad durch die Gaststube vorbei am Tresen direkt neben seinem Zimmer im Flur abstellt. Heute muß man sich keine Sorge machen, daß das Rad abhanden kommt, das Schloß wird nicht benötigt. Nach einem frisch gezapften Pils und einer ausgiebigen Dusche werden die Lebensgeister wieder geweckt. Da im Haus die Fußball-EM auf Großbildleinwand übertragen wird, bietet der Hotelinhaber mir an, über den Pizzaservice das Abendessen zu organisieren, damit ich das Spiel der Spanier gg. Die Italiener von Anfang verfolgen kann – hat wohl an seinen Bierabsatz gedacht. Ich entsscheide mich für einen Besuch in einem benachbarten Restaurant, den ich nicht bereue. Ein Fischteller der Extraklasse mit Bratkartoffeln, ein phantastisches Geschmackserlebnis. Nachher erfahre ich, daß das Haus (der Name ist mir leider entfallen) weit über die Grenzen des Landes Wursten (so heißt der Landstrich zwischen BRV und Cuxhaven) bekannt ist. Beim Fußball sitzen im Treibsand noch zwei Ehepaare aus dem Westerwald, die den Weser-Rad-Wanderweg bis Cuxhaven zu Ende fahren wollen und dann von Cuxhaven nach Magdeburg die Elbe entlang radeln wollen, 12 Tage, rd. 600 km. Das im 11m-Schießen die Spanier dann noch die Italiener verabschieden, ist ein schöner Abschluß eines harten Radlertages mit mind. 80 km Gegenwind, was auch den Durchschnitt von 18,9 km/h erklärt, max. Geschwindigkeit heute 34 km/h, 53 UPM.

Freitag, 27. Juni 2008

2. Samstag - 21. Juni 2008

Emden – Horumersiel – 141 km
Nach einem akzeptablen JHG-Frühstück und wenig serviceorientierten Mitarbeitern der JHG geht es gg. 8.30 Uhr los.
Auf einem Wall entlang des Emdener Stadtgrabens umrunde ich die Emdener Altstadt. Emden, vor rd. 1200 Jahren gegründet, entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten dank eines von Karl dem Großen erlassenen „Sonderrechtes für die Ostfriesen“ zu einem florierenden und geschäftstüchtigen Handelsplatz. Im 14. Jahrhundert riskierten sie lieber eine Auseinandersetzung mit der Hanse, als ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Dabei paktierten sie mit den Seeräubern unter Führung von Klaus Störtebeker. Von den historischen Bauten ist indes heute kaum noch was zu sehen, da die Stadt zu 80 % im II. Weltkrieg zerstört wurde.
Raus geht es bei strahlendem Sonnenschein und Gegenwind auf eher schlechten Radwegen mit verbesserungsbedürftiger Beschilderung in die Welt der Siele (nicht die der Hamburger Stadtentwässerung – nein, viele Orte auf dem Weg haben den Zusatz ....siel) und der ...ums (Endung bei vielen weiteren Orten).
Wybelsum, Knock, Rysum, Campen mit Leuchtfeuer

DSCF1996

DSCF1998

und am Deich nach Greetsiel. Aber vorher werde ich Opfer eines Schafgatters. Touche mit einer Radtasche vorm Pilsumer Leuchtturm

DSCF2001

und schon liegen ich auf dem Fahrrad. Ein paar Schrammen an Bein und Fingern, sonst scheint alles o.k., insbesondere auch am Fahrrad. Erst als ich mich vom Schrecken erhole, bemerke ich, das es im Schritt etwas kühler wird – ich habe meine Hose, die beim Aufrichten am Sattel hängengeblieben war, zerrissen und stehe unten im Freien. Im Gesetzesdeutsch nennt man so was wohl Erregung öffentlichen Ärgernisses. Zwei Damen auf dem Deich fragen schon, ob sie helfen können, ein Ehepaar schaut ein wenig irritiert. Also schnell Hose wechseln. Muß ein netter (?) Anblick für die Betrachter gewesen sein – oder auch nicht.
In Greetsiel

DSCF2002

kurzer Stop, einen Kaffee auf den Schreck. Greetsiel ist sehr schön, vor allem hat man hier den Autoverkehr aus dem Zentrum verbannt.
Durch den Leybuchtpolder geht es hinter dem Störtebekerdeich Richtung Norden und Norddeich. Norden ist ein nettes Städtchen. In der Fastfußgängerzone mit Autoverkehr gönne ich mir ein Seelachsfilet mit Kartoffelsalat, da trotz Fahrrichtungsänderung (erst von Emden gen Westen, dann ab Knock tendenziell eher Richtung Osten) der Wind weiterhin von vorne kommt. Durch Norddeich (gefällt mir nicht) durch geht es jetzt von Siel zu Siel, Neßmersiel, Dornumersiel, Bensersiel, Neuharlingersiel (zwei Fischbrötchen für EUR 4,20, lecker) Carolinensiel, Harlesiel. Hier kommt es für mich zum Hindernislauf, erst im dritten Anlauf finde ich trotz tatkräftiger Unterstützung eines einheimischen Ehepaars den Weg, der dann aber von Hindernissen in Form von speziellen Schafgattern gepflastert ist (man muß sein Rad über einen engen hölzernen Durchgang, der kräftig ansteigt und dann wieder abfällt durchmanövrieren – eigentlich geht das gar nicht). Da kommt eine Deichbaustelle mit Umleitung gerade recht und über eine Landesstraße geht es vorbei an den bekannten ostfriesischen Orten Friederikensiel, Funnens und Minsen nach Horumersiel am Eingang zum Jadebusen, wo ich kurz vor 18.30 Uhr ein Bett in der Pension Arche Noah finde. Diese ist eigentlich eine Baustelle, aber das Zimmer ist ganz o.k. Nach dem Essen beim benachbarten Italiener will ich mir das Spiel meiner liebgewordenen Holländer gegen die Russen im Zimmer anschauen. Wache aber immer nur bei den Toren aus meinem Dämmerzustand wieder auf. Gegenwind und Sonne schlauchen doch bei 7 Std. 45 Minuten im Sattel, Durchschnitt 18,3 km/h, max. 31 km/h und 54 UPM. Ach Deutschland warum gibt es hier keinen Rückenwind, da ist Holland doch viel angenehmer, auch die Radwege und die Beschilderung. Gute Nacht.

4. Freitag - 20. Juni 2008

Holwerd – deutsche Grenze – 135 km
Die Nacht im Campingwagen war kühl, die Morgentoilette sehr erfrischend, insbesondere durch die Morgenkühle auf dem Weg zum/vom Waschtrakt. Es ist nochmal kühler geworden, viele Wolken, nur etwas Sonne, aber weiterhin Rückenwind – ach Holland wie meinst du es gut mit mir.
Nach einem ordentlichen Frühstück im Hotel für stolze EUR 13,00 geht es kurz nach 8.00 Uhr los Richtung deutsche Grenze.
Das Rad rollt, die Schafe blöken, die Kühe muhen, die Pferde wiehern, die Aardappelen (Kartoffeln) sagen nix, ich jubiliere innerlich. In Lauwersoog erwischt aber mal wieder der „Umwegeteufel“. Eine nicht eindeutige Beschilderung führt mich in ein auch in meinem Radführer angeführtes Militärübungsgelände, nur die Ausfahrt ist ganz woanders als erwartet. Dafür entschädigt die Natur pur bei ständig zu überwindenden tiefsandigen Panzerwege und Schießbahnen – aber heute wird nicht geschossen, auch nicht auf Hasen, die mir ständig begegnen. Endlich komme ich raus aus diesem Idyll, aber nicht im Hinterland, sondern am Deich. Weiter geht’s, nach 75 km erreiche ich den nächstgrößeren Ort im menschenleeren Friesland Uthuizen, wo ich mit 2 x Kaffee und Kuchen (in der holländischen Nationalfarbe orange – sehr lecker, schmeckt nach Orange) für die nächsten Kilometer stärke.
Kurz hinter Uthuizen treffe ich zwei ältere Damen und einen Herren aus Mönchengladbach, die mit dem gleichen Radführer wie ich ausgestattet sind und verzweifelt den ausgezeichneten Weg auf der Karte suchen. Ist nicht möglich, offenbar ist die Route nach Auflegung des Führers geändert worden. Da die Auszeichnung der Wegführung hier ausgezeichnet ist, erreiche ich ohne Problem den nächsten Ort Spijk um von dort nach Delzijl am Dollart bzw. an der Emsmündung zu kommen. Um zu erwartende Gegenwindstrecken auf den letzten 30 km bis zur deutschen Grenze weitgehend zu vermeiden, suche ich eine rückenwindorientierte Strecke durch weite Polder mit riesigen Getreidefeldern – leider wieder eine Niete, ich verfranse mich total und fahre dadurch bestimmt 10 km mehr als ausgewiesen und mind. 15 km gegen den zunehmenden Wind, der Tacho verharrt zeitweise unter 10 km/h. Super.
Endlich nach langer frustierender Irrfahrt und 135 km überfahre ich kurz hinter Nieuweschans gg. 15.00 Uhr die deutsche Grenze, nicht zu erkennen, aber im Radführer steht es so.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Fazit
Die gesamte Tour von Füssen nach Flensburg: Der Weg...
Nordseerundum per Bike - 22. Mai, 15:19
11. Etappe Buxtehude...
Im eigenen Bett schläft man doch am Besten. Nach dem...
Nordseerundum per Bike - 20. Mai, 20:08
10. Etappe Verden - Buxtehude...
Das Hotel war Klasse, Riesenzimmer, Riesenbad, zentral...
Nordseerundum per Bike - 20. Mai, 11:28
9. Etappe Petershagen...
Ein sehr kühler regenfreier Tag steht bevor, max. 12...
Nordseerundum per Bike - 17. Mai, 19:47
8. Etappe Stahle - Bodenwerder...
Nach einer regnerischen Nacht ziehen die letzten dunklen...
Nordseerundum per Bike - 16. Mai, 21:21

Links

Suche

 

Status

Online seit 6254 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Mai, 15:19

Credits


01. 2007 - Prolog
02. 2007 - Start
03. 2007 - Norwegen
04. 2007 - Schweden
05. 2007 - Dænemark
06. 2007 - Deutschland
07. 2008 - es geht weiter
08. 2008 - Belgien
09. 2008 - Holland
10. 2008 - Deutschland II
11. 2010 -Großbritannien
12. 2010 - Schottland - Shetlands, Orkneys, Highlands
13. 2010 - Schottland - der Süden
14. 2010 - England
15. 2011 Norwegen II
16. Abschließende Zusammenfassung
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren