06. 2007 - Deutschland

Samstag, 2. Juni 2007

01.06.2007

St. Michaelisdonn - Hamburg-Kirchwerder - nur noch 128 km
Morgens in Dithmarschen, beim Fruehstueck ist nur fuer zwei gedeckt. Peter from Manchester und ich.
Bei der Verabschiedung weiht mich Peter in sein Geheimnis ein - er will zunächst nach Istanbul und dann? Wie kommst du zurück? Über Australien ist seine Antwort. Peter will mit dem Fahrrad über die Tuerkei, den Iran (wenn sie ihn durchlassen), mit oder ohne groeßeren Umweg (Afghanistan?), evtl. durch die ehemaligen Teilrepubliken der verflossenen Sowjetunion, China u/o Pakistan und Indien nach Nepal (dort will er im November sein), Indien Burma (Frage an die Weltreisenden - geht das?), Malaysia, Singapur, Indonesien usw. auf den 5. Kontinent. Das alles in einem Jahr, seine Frau und die beiden kleinen Kinder haben es ihm zugestanden, seinen Kindheitstraum in einem Jahr zu realisieren. Tolles Ziel, wahnsinniges Abenteuer. Erinnert mich an zwei Buecher, die ich in meiner Kindheit gelesen haben - Mit dem Fahrrad um die Welt.
Gegen 9.00 Uhr geht es los. Wetter ist sehr ordentlich, Wolken-Sonne-Mix, aber Gegenwind.
An der heruntergegangenen Bahnschranke in St. Michaelisdonn rollt Peter zu mir auf und bezeichnet mich als "The Crazy German" - ich weiß nicht warum, wer ist hier Crazy? Doch wohl eher er - oder?
Wir fahren kurz zusammen, da er aber nur bis Kolmar will und ich um 12.15 Uhr nach ca. 55 km die letzte Öffnung des Krueckausperrwerkes fuer Fußgänger und Radfahrer erreichen möchte, um mir den 25 km langen Umweg über Elmshorn zu ersparen, muß ich Gas geben. Bye, bye Peter and good luck for your fantastic trip.
Ich fahre nicht nach Brunsbüttel hinein sondern ueber die Schnellfähre Ostermoor über den Nord-Ostsee-Kanal (dort herrscht fast so viel Verkehr an diesem Morgen wie auf der Autobahn vorm Elbtunnel in HH), um km und Zeit zu sparen. Durch die riesigen Industriegebiete von Brunsbüttel (wobei dort noch sehr viel Platz für Neuansiedlungen ist) geht es nach St. Margareten und damit sehr nah am tiefsten Punkt Deutschlands vorbei (Neuendorf bei Wilster, 3,54 m unter dem Meeresspiegel gelegen).
Ich erreiche den Elbdeich und rolle eigentlich bis Wedel fast immer am Elbdeich außen oder innen entlang durch Schafgatter und Unmengen an Schafen vorbei Richtung Heimat.
Vorbei am "wunderschoenen" AKW Brokdorf (nachdem ich auf der Landseite bereits das eben so "schoene" AKW Brunsbüttel passiert habe) komme ich zum Störsperrwerk und kurz darauf nach Glückstadt - Matjes-City. Ein kurzer Rundgang und ein paar Fotos.
Die Historie von Glückstadt ist sehr interessant, ich kannte sie vorher nicht. Christian IV., König von Dänemark und Herzog von Schleswig-Holstein, ließ 1616 den Bau einer neuen Stadt an der Elbe beginnen. 'Damit wollte er seine Interessen in Norddeutschland machtpolitisch optimieren und den Handel in Hamburg in seine neue Stadt zu bekommen. Der Name Glückstadt entstand, da es ein großes Wagnis war, die Stadt zu gruenden, zumal auf einem unwirtlichen Geländer an der Rhin-Mündung. Bei der Namensbekanntgabe soll er gesagt haben: "Dat schall glücken und dat mut glücken und denn schall dat ok Glückstadt heten". Und so kam die Glücksgöttin Fortuna ins Stadtwappen.
Die Stadt selbst ist im Zentrum geprägt vom Grundriss, der dem Ideal der italienischen Renaissance nachempfunden wurde. Ein zentrales Platz mit sieben zu drei Seiten des Platzes abgehenden Straße und einem geraden Wasserlauf zur vierten Seite, begleitet von beidseitigen Alleen. Sehr nettes Städtchen mit den bekannten Matjes-Lokalen.
Weiter, es drängt die Zeit, um 12.00 Uhr erreiche ich nach 52km das Krueckau-Sperrwerk. Auf der anderen Seite warten schon ein paar mehr Radler. Auf meiner Seite kommt kurz nach mir ein Ehepaar aus Köln, das von Sylt nach Hamburg radelt. Um 12.10 Uhr öffnen die beiden Sperrwerk-Mitarbeiter den Weg über die Krueckau, indem sie die Fahrbahn so schwenken, daß man ueberqueren kann. Warum hier in der Woche vom 1.5. bis 30.9. nur stundenweise die Schranken für ca. 10 Minuten hochgehen (Mo, Di, Mi 9.15 - 15.15., Do bis 14.15 Uhr, Fr. bis 12.15 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen durchgehend von 9.00 bis 13.00 Uhr und ab 14.00 Uhr bis 17.00 oder 18.00 Uhr) - keine Ahnung, da hat wohl wieder eine Bürokratenstube eine praxisfremde Idee gehabt - wenn ein Schiff durchwill, was vermutlich deutlich seltener vorkommt, könnte man doch die Fahrbahn kurz wegschwenken - nun ja wir sind in Deutschland.

Durch die Seestermüher, Haseldorfer und Wedel Marsch erreiche ich Wedel. In einem Gasthaus kurz vor Wedel stärke ích mich letztmalig auf einer Tour mit Rhabarber-Baissee-Torte und verursache eine mittlere Panik mit einem Anruf bei Frauke, in dem ich ihr aufgebe, daß ich zwischen 17.00 und 17.30 Uhr in Kirchwerder einrollen werde (Frauke hatte mit einer späteren Ankunft gerechnet).
Inzwischen "eiert" mal wieder mein Hinterrad, Speiche Nr. 7 hat sich verabschiedet.
Durch Wedel (ein letztes Mal falsch abgebogen) geht es hinter dem dortigen Kraftwerk ueber eine ziemlich "bescheuerte" Treppe hinunter zum Elbufer und rolle bis Oevelgoenne dahin. Einfach eine schoene Strecke, rechts die Elbe, links der Elbhang, viel, viel Gruen usw. usw.
Auch der Kampf mit den Touri-Strömen vom Fischmarkt bis zum Spiegel-Hochhaus am Hafenrand entlang ueberstehe ich ohne blaue Flecken und rolle in die Vier- und Marschlande ein, mein heimatliches Trainingsgebiet.
17.06 Uhr Ankunft und ein für mich doch sehr ueberraschender Empfang mit Girlande, Willkommensgruß und allem was so dazu gehört von Frauke, meinen Kindern und Christoph.
Dafür ein ganz besonderes Dankeschön.
Die erste Etappe meines Traums ging nach 2.195 gefahrenen Kilometern zu Ende - eine herrliche Zeit. Das Fazit folgt in den nächsten Tagen. Euch allen, die ihr mich aktiv auf der Tour begleitet habt, auf diesem Wege schon einmal ganz ganz großen Dank - es ist einfach toll wenn man fern von zu Haus vertraute Namen im internet sieht, die mich mit großem Interesse, Unterstuetzung und Aufmunterung immer wieder auf dem Weg von Kristiansand nach Hamburg begleitet haben. Danke!!!!

Donnerstag, 31. Mai 2007

31.5.2007

Husum - St. Michaelisdonn - 131 km

Die Sonne lacht am Morgen. Ordentliches Fruehstueck mit den beiden Ehepaaren aus Albstadt und Peter aus Manchester, die ebenfalls in der JHG uebernachtet haben. Kurz nach 9.00 Uhr geht es los in einen weiteren herrlichen Tag an der deutschen Nordseekueste. Erst noch als zweites Fruehstueck an Matjesbroetchen im Fischhaus Loof und die besten Grueße an den Chef des Hauses, die die Chefin gern ausrichten will. Über den Leuchtturm Westerheever

Nordseetour-2007-238

und St. Peter - Ording geht es zum Eidersperrwerk. Unterwegs begegnet mir ein schwer bepackter Radler aus Magdeburg, der über Hirtshals nach Kristiansand und von dort nach Bergen (will dort am 11.6 die Fähre auf die Shetland-Inseln erreichen - wird wohl eng werden) und weiter über die Shetlands und Orkneys nach Schottland will. Kurze Zeit fahre ich gemeinsam mit einem Radler aus Oldenburg in Oldenburg, der Deutschland mit dem Rad in kuerzeren Teiletappen umrunden will und einem "Fahrradfetischisten" aus Detmold, der in drei Wochen die deutsche Nordseekueste von Emden bis zur dänischen Grenze hochgefahren ist, jetzt mal ab Eidersperrwerk auf dem Wikingweg nach Lübeck, von da nach Kiel um am Nord-Ostsee-Kanal wieder zur NOrdsee und dann irgendwie nach Hause radeln will. Er radelte mit einem Fahrrad allererster Guete - ueber meine Probleme mit den Speichen und die zeitweise sehr holprige Fahrbahndecke vor dem Nordseedeich konnte er nur müde lächeln - ein Profi, während ich als Anfänger für längere Touren noch einiges dazulerne.
Weiter nach Busüm, durch drei Hochhäuser m.E. total verschandelt, aber von Touris überlaufen. Von dort Richtung Meldorf, daß ich dank eines Hinweisschildes umfahre und schon bin ich um 17.40 Uhr nach 7 Stunden im Sattel und zwei längeren Pausen (Getränke, die obligatorischen Fischbrötchen bzw. Mandarinenquarktorte mit einer besonders netten Bedienung "Was wollen Sie"? Kein Bitte!!) in St. Michaelisdonn, Peter ist auch schon wieder da. Schnell was Essen im Imbiss, mehr gibt es nicht und ab ins internet-cafe. Durchschnitt heute 18,6 km/h.

30.05.2007

Rudbol - Husum - 111 km

Morgens der bange Blick aus dem Fenster - es ist trocken, aber die Wolken hängen tief und ziehen schnell aus der falschen Richtung (Gegenwind ist angesagt).
Erstes Fruehstueck besteht aus einigen Bissen Schokolade, zu Trinken habe ich auch nichts. Aber in Deutschland wird ja alles besser, das gibt es sicherlich gleich eine Fahrradwerkstatt und man kann sich endlich wieder in der Heimatsprache unterhalten.
Um 10 Minuten nach 8 gehts los, nach 300 m befahre ich deutschen Boden. Richtung Niebuell, da gibt es alles, was eine Radfahrerseele gluecklich macht - na ja, fast, bis auf eine Werkstatt. Ein ausgiebiges zweites Fruehstueck, ein Wassereinkauf von sagenhaften 44 Cent bei ALDI (davon hole mir 25 Cent Pfand gleich wieder). Geld abheben bei der "Wild-Westbank". Und weiter gehts es Richtung Nordsee durch einen Koog und noch nen Koog und immer weiter ueber Deiche und durch Koöge bis ich in Dagebuell an die Nordsee kommen - und das Wetter wird immer besser, der Wind weht auf einmal nicht mehr von vorn sondern schräg seitlich von hinten, die Sonne lacht - herrlich. Ich fahre ab Dagebuell bis nach Nordstrand durchgängig vor dem Abschlußdeich von einer Schafpforte zur Nächsten. Die Pforten trennen die jeweiligen Schafherden. An diesem Tag sehe ich glaube ich mehr Schafe als Schleswig-Holstein Einwohner hat.
Also links der Deich, rechts das Watt. Die Stimmung steigt, das Thermometer auch. Ich biege ab zur Hamburger Hallig, 4,5 km vor dem Deich im Wattenmeer gelegen. Genieße die Nordseeluft und das Panorama des Wattenmeers mit den Halligen

Nordseetour-2007-226

und den groeßeren Inseln. Eine Dame nimmt auf der Hamburger Hallig (es ist gerade Flut) ein Bad im Meer, angeblich soll das Wasser 15 Grad warm sein.
Auf der Hamburger Hallig steht ein typischen reetgedecktes Haus,

Nordseetour-2007-223


in dem eine Gastronomie betrieben wird. Bei zwei Weizenbier (endlich wieder Radlergrundnahrungsmittel) und Matjes mit Bratkartoffeln (lecker) lass ich es mir gut gehen. Weiter geht es nach Nordstrand. Unterwegs treffe ich auf Hallig-Bewohner, die mit ihren Lorenwagen über einen Damm zum Festland gekommen sind

Nordseetour-2007-230

mehrfach zwei Ehepaare aus Albstadt im Ländle, die in einer Woche von Flensburg über Sylt und Foehr nach Hamburg radeln.
Nach einer kurzen Kaffeepause auf Nordstrand geht es Richtung Festland Husum. Am Suederhafen knackt es mal wieder im Hinterrad, die Speichen drei und vier haben sich verabschiedet. Nun wird es bedenklich. Ich rufe in der JHG in Husum, um zu hoeren wo in Husum eine Fahrradwerkstatt ist, die bis 18.00 Uhr geöffnet hat. Um 17.50 Uhr erreiche ich die JHG, der Herbergsvater erklärt mir kurz wo ich hin muß, um 17.59 Uhr erreiche ich den Fahrradladen. Ueberstunden sind für die beiden Herren in der Werkstatt kein Fremdwort, der Schaden wird sofort behoben, Vier neue Speichen und das Hinterrad läuft nach längerer Feinjustierung wieder fast gerade (die Felge hat wohl auch einen weg bekommen). Das alles für EUR 10,-- - Super.
Abends fahre ich mit dem Rad in die Innenstadt von Husum. Ich finde dort kein Restaurant (außer Kochlöffel) - gibt es doch nicht. Ich gebe nicht auf und lande endlich nach langer Suche am Hafen und genau im "richtigen" Restaurant. Krabben auf Schwarzbrot mit Spiegelei und einen Pino Grigio. Herz was willst du mehr? Ich setze mich zu zwei älteren Damen an einen Tisch, wo noch die Abendsonne draufscheint. Es stellt sich raus, daß das Fischhaus Loof der Treffpunkt der Honoratioren der Stadt ist und das Inhaberehepaar einige Flaschen Wein auf den Nachbartisch und meinen Tisch schmeißt. Es wird ein sehr netter Abend und erhalte die Beschreibung, wie ich auf kuerzestem Weg zurück zur JHG komme. Ich bin fast volltrunken, und das fuer EUR 2,50. Husum, das heißt für mich nicht mehr "Graue Stadt am Meer" sonderm "Blaue Stadt für mehr".

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