Samstag, 26. Juni 2010

26.06.2010 - Easingwold - Welton (bei Hull) 112km

Nach einem sehr guten Fruehstueck mit einem Ehepaar aus Guilford bei London und einem laengerem Gespraech mit Sue geht es gg. 9.30 Uhr Richtung York. Der Wind kommt heute erstmals richtig von vorn, aber die Sonne scheint und es wird nach zwei kleineren Anstiegen zwischen der Farm und Easingwold flach. Herrlich. Einfahrt nach York problemlos, wo ich die Berichte der letzten drei Tage und fuer heute Vormittag in der Touri-Info ins Net stelle. So jetzt ein wenig York besichtigen und dann die Fahrt nach Hull geniessen.

Bei einem Rundgang durch die Stadt York bekomme ich einen sehr positiven Eindruck von dieser historisch bedeutsamen Stadt. Die Kathedrale

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sieht von aussen sehr gut aus, von innen hat sie indes nicht so viel zu bieten (vermutlich bin ich noch den den roemischen Kirchen zu sehr gepraegt). Bei phantastischem Wetter vibiriert es an diesem Samstag in der Fussgaengerzone. Die alten Haeuser verspruehen Atmosphaere. Leider gibt es nicht soviele Strassencafes mit Aussenplaetzen. Nach laengerem Durchstreifen der diversen Fussgaengerstrassen finde ich auf einem Platz ein schattiges Plaetzchen. Mit einem Englaender aus Sheffield, der fuer den Samstag nach York gekommen ist, komme ich schnell ins Gespraech. Natuerlich dreht sich das Gespraech ums Radeln, wobei er mit seiner Frau offenbar jedes Jahr durch Kontinentaleuropa radelt und von tollen Touren durch Frankreich, Oesterreich, Ungarn und Deutschland erzaehlt. Nebenan sitzen eine Deutsche mit ihren beiden Kindern. Sie erzaehlt mir, dass sie mit ihrer Familie beruflich bedingt (der Ehemann) seit etlichen Jahren in London und nunmehr in York lebt und das Leben und die Atmosphaere in der Stadt sehr positiv beurteilt. In York gibt es eine groessere deutsche Kolonie, die sich offenbar zusammen das Spiel D - ENG anschauen wird. Sie arbeitet auch gelegentlich als Touristenfuehrerin.
York wird von einen River durchzogen (Name habe ich gerade nicht zur Hand) - wunderschoen, die Waterfront ist im Zentrum bebaut mit Open-Air-Gastronomie. Sobald man aus der Stadt herauskommt, sind diverse Freizeitangebote direkt am bzw. auf dem Fluss, die bei dem Wetter auch intensiv genutzt. Erinnert sehr an unsere Alster in Hamburg.

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Auf dem Weg aus York hinaus sehe ich eine Radveranstaltung - in York fand vom 18. bis 27.6. eine Radwoche statt. U.a. wird ein kostenloser Radservice angeboten, den ich fuer eine Optimierung meines Reifenluftdrucks nutze.
Weiter gehts ueber eine Pferderennbahn, die man auf dem Weg nach Selby zweimal ueberqueren muss, und einen ehemaligen Eisenbahndamm, ueber den es mehr als 20 km ohne Autoverkehr Richtung Selby, der naechstgroesseren Stadt auf dem Weg nach Hull geht. Kurz vor dem Ort treffe ich einen Englaender mit Tourengepaeck, der vor 6 Tagen in Nordirland gestartet ist und am Sonntag zu Hause in Derbyshire sein will, er uebernachtet in Selby. Selby selbst ist eine alte Industriestadt, die die besseren Tage hinter sich hat.
Da ich in Selby meine Richtung von Sued nach Ost aendere, hoffe ich, dass der mir bereits den ganzen Tag ins Gesicht wehende leichte Wind dann schraeg von Seite von hinten kommen wird. Typischer Fall von Denkste!!! Der Weg dreht just zu diesem Zeitpunkt und frischt auf, natuerlich genau von vorne. Auf offener Flaeche (da helfen auch die Hecken und kleineren Baeume nichts) gilt es, den Kampf mit dem unsichtbaren Feind aller Radfahrer zu bestehen. Hinzu kommt, dass es dann doch wieder ein wenig auf und ab geht (insgesamt kommen gleichwohl nur 210 Hoehenmeter zusammen). Als einzige erwaehnswerte Stadt ist noch Howden zu erwaehnen, alle anderen Orte auf der Strecke waren mal wieder mehr als ueberschaubar (wie sagte doch ein Englaender gestern zu mir, in England ist deutlich duenner besiedelt als Deutschland, was m.E. aber nicht ganz stimmt. Am schlammigen River Humber mache ich noch ein kurzes Paeuschen zur Staerkung fuer die letzten Kilometer. Kurz vor Welton mache ich dann Bekanntschaft mit dem Gateman!!?? An einem Eisenbahnuebergang muss ich warten, da zwei Zuege durchkommen. Ein Hinweisschild fordert dazu auf "Ring the Gateman" - also dem Schrankenwaerter. Eine Spezie, die m.W. in D laengst ausgestorben ist, hier sitzen an diversen Bahnuebergaengen noch Schrankenwaerter, die aber die Schranken wie hier nur dann hochmachen, wenn ein Fussgaenger oder Radfahrer oder Autofahrer ueber die Gleise will (in anderen Faellen sperren indes die Schranken die Gleise, die im Falle eines durchkommenden Zuges dann auf die Strasse geschwenkt werden.
Nach hartem Kampf erreiche ich schliesslich The Green Dragon in Welton. In Welton findet ein Musikfestival statt, so dass bis 23.30 Uhr an Schlafen nur bedingt zu denken ist, da im Gruenen Drachen alle 30 Minuten eine andere Band aufspielt. Gleichwohl schlafe ich irgenwann ein.
Die technischen Daten: Puls 116, Durchschnittsgeschw. 19,0 km/h, Fahrzeit 5 Std. 50 Min, Steigung im Schnitt 2 %, max. 14 %, Temp. min. 22, max. 31.

25.06.2010 - Haswell Plough - Easingwold - 121 km

Nach meinem ersten englischen Fruehstueck (nichts fuer mich die Sausages, der Bacon und der Black Pudding) gehts um kurz vor halb neun auf den Weg nach Easingwold. Es wird mein schlimmster Tag als Radler in Great Britain. Wetter unveraendert Top, aber dann.
20 km Schotterpiste, nun ja, 35 km durch Stockton on Tees und Middlesborough, Grande Katastrophe. Weghinweisschilder widersprechen sich staendig selbst, man hat das Gefuehl man wird verar..... Nachfragen bringen nicht soviel. Also Richtung Towncentre und Fluss, Sonne hilft bei Orientierung. Hinzu kommt ein Hindernisparcours erster Guete, Pforte auf, Pforte zu, Rad durch Verengungen zwaengen, ueber Querbalken heben und einmal ueber eine 1,50 m hohe Pforte. Ich habe nach diesen 55 km die Schnauze ziemlich voll, hinzu kommt, das es am vermeintlichen Ende des Martyriums in einem Restaurant dann auch noch einen Kellner gibt, der mit Macht kein Trinkgeld haben will - so ein schlechter Service.......! Hatte wohl ne schlechte Nacht.
Endlich wieder laendliches Gebiet, wie immer Hecken, Weiden, Waelder, landwirtschaftl. Flaechen, kleinste Orte und hammerharten Anstiege von bis zu 25 %, z.T. auf nicht asphaltierten Wegen. Also Schieben. In den North York Moors

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verpasse ich einen total verwitterten Hinweis auf einer Holztafel und ende auf einem Pfad einen Huegel hoch, der irgendwann nur noch aus Geroell besteht.

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Endlich sehe ich unter mir einen Radweg, ca. 150 m unter mir!!! Wieder runter und da sehe ich dann den Hinweis von der Seite, von der man als Radler normalerweise nicht kommt (die war der Witterung nicht so auasgesetzt). Weiter gehts extrem steil rauf unter runter durch eine Landschaft, wie mich sich England und hier Yorkshire sich vorstellt. Tolle Natur, einfach schoen.
Endlich erreiche ich nach 109 km meine Thornton Lodge Farm, auf der Sue und Bill Raper Pferdezucht betreiben und Turniere usw. veranstalten.
B&B-Acommodation ganz i.O., ausser dass im Bad Familienanhang besteht. Zum Essen fahre nach Easingwold, hin und zurueck 12 km. Wieder nur ne Kleinigkeit, dieses mal Canelloni.

24.06.2010 - Longhoughton - Haswell Plough - 115 km

Nach einem wunderbaren Fruehstueck von Christine verabschiede ich mich um 8.45. Uhr. Vorbei an Kuestenabschnitten und durch viele Weiden mit Kuehen und Schafen geht es Richtung der Three Rivers (Tyne, Wear und Tees). Nachdem gestern die Fahrt entlang von Hecken und Mauern ging, fehlen diese heute fast vollstaendig. Viel Getreide und Kartoffeln werden angebaut. Diverse Vorstaedte von Newcastle durchfahre ich und verliere dabei viel Zeit, da man immer wieder sich neu orientieren und auf die Schilder achten muss, wobei ich kfr. einige Male den Weg verliere (I'm lost, wie der Englaeder sagt). Mittagspause mit Kaffee und einem Stueck Fudge-Cake an Blyth an der Strandpromenade. Gespraech mit einem recht alten Rentnerpaar, die die Sonne und den Blick aufs Meer geniessen. Schwaermt vom Fischen in Schottland. Weiter durch Seebaeder und ueber Tynemouth (erste Kinder im eiskalten Nordseewasser) ueber den Tyne mit der Faehre von North Shields nach South Shields, wobei ich die Faehre natuerlich gerade verpasse und 25 Min. warten darf, aber bei dem Wetter. Weiter an der Kueste nach Sunderland. Sehr schoene Stadt im River Wear. Da die Kraefte schwinden, goenne ich mir nach dem gestern ausgefallenen Abendessen bei McDoof mal wieder einen Burger mit Pommes und Kaffee und Coke fuer den Zuckerhaushalt und die letzten 20 km. Der Weg zieht sich, da es kontinuierlich leicht bergan geht und ich auf einem ehemaligen Bahndamm ohne Asphalt mich im Staub bewegen kann. Endlich in Haswell Plough im The Gables Hotel, sehr alt, sehr renovierungsbeduerftig. Zimmer aber ganz o.k. und der Gastgeber John ist ein ganz netter. vEr und seine Stammgaeste haben nur ein Thema, wer gewinnt am Sonntag? Meine Antwort immer: Sorry for England. Man glaubt auf der Insel nicht an die eigene Truppe!
Das Abendessen (Lasagne) war recht mau.
Die technischen Daten: Puls 102, 566 Hoehenmeter, Schnitt 16,5 km/h, Fahrzeit 7 Stad, Steigung Schnitt 2 %, max. 14 %, 560 Hoehenmeter, Temp. 19 bis 30 Grad.

23.06.2010 - Melrose - Longhoughton - 147 km

Nach dem Essen gestern Abend bei einem kleinen Italiener (nur eine Kleinigkeit, da mir das Hungergefuehl nunmehr ziemlich abhanden gekommen ist) gehts noch in einen der drei oertlichen Pubs, wo ich zunaechst mit einer einheimischen Dame, die mit Gatten und Freunden, den Pub besucht haben, eine kurzer Unterhaltung ueber woher und wohin habe. Zwischendurch marschieren verschiedene Schülergruppen, die an einem "Musical-Festival" für Schüler teilnehmen mit Dudelsackbeleitung durch Melrose.

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Dann treffe ich dort die JHG-Eltern, die mir erzaehlen, dass der Ort ca. 3000 Einwohnern hat und damit einer der groesseren im Umkreis ist. Beim Fussball Argentinien gg. Otto unterhalte ich mit Bruce, Newcastle United-Fan, mit dem ich mich vor allem ueber Fussball und das Problem des Geldes und die Folgen fuer den Nachwuchs in England und Deutschland unterhalte. Natuerlich ist auch ein evtl. bevorstehendes D-Spiel gg. England ein Thema, Bruce glaubt, wir gewinnen. Nun ja, wir werden sehen.
In der JHG sind in meiner 6-Bett-Suite inzwischen drei weitere Betten belegt, komische Zeitgenossen sind das. Keine langen Gespraeche. Gute Nacht. Morgens stehe ich als erster auf und mache mir damit keine Freunde. Packen, Fruehstueck, haette man drauf verzichten koennen, zumal mir der MA der JHG fuer 7.00 Uhr das Fruehstueck zugesagt hatte, dann aber erst um 8.00 Uhr machen wollte, letztlich hatte ich es dann mit 15 Min Verspaetung. Schnell weg und um 8.00 Uhr geht es bei bestem Wetter und topguenstig stehendem Wind bei 19 Grad los. So wie immer rauf und runter Richtung Kueste nach England. Weiterhin durch Wald und Wiesen, Farmland am River Tweed

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ueber Nebenstrassen, die nahezu verkehrsfrei sind. Nach 54 km verlasse ich Schottland, in das ich nach 8 km durch England noch einmal fuer 6 km zurueckkehre. Nach 1.303 km liebgewonnenes Schottland, wo man an der Grenze mit diesem Schild bei der Einreise freundlich begrüßt wird

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empfaengt mich England eher nüchtern

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und gleich mit einem hammerharten Anstieg und dem noerdlichsten Seebad Berwick upo Tweed. Nun ja, mein Fall ist das nicht, gleich verfahren, da falsche Ausschilderung. Dann raus und ueber katastrophale Wege geht es direkt ueber dem Wasser an Klippen ueber Schotterwege und Wiesen,

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durch Schaf- und Kuhsch.... ueber kaum befahrbare Anstiege und Abfahrten. Kommt mir vor wie 50 km, sind aber nur 5 km. Tolle Blicke auf die Kueste, Klippen aber auch immer wieder Sandbuchten und z.T. auch dem Wattenmeer aehnliche Abschnitte.

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Dazu gibt es immer wieder einige Abstecher in das Hinterland, offenbar, um Hoehenmeter (insgesamt heute 1.215 m) sammeln zu koennen. Der Sinn erschliesst sich mir nicht ganz. Um 15.00 Uhr wird es ruhig auf Englands Strassen, das in rot-weisse Fahnen gehuellte Land kommt zum Erliegen, nur die Pubs und Hotels sind voll. Sehe bei einem Stop in Bamburgh mit einem wunderschoenen gut erhaltenem Castle

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zufaellig das goldene Tor. Kurz vor meinem Zielort treffe ich auf einen engl. Radler, der von Ipswich nach Berwick will und dann noch ein wenig kreuz und quer. Warne ihn noch vor der Katastrophenstrecke. Zwischenzeitlich hatte ich noch eine Begegnung mit einem hollaendischen Paar, wo ich dachte, es waeren die Beiden von der Faehrueberfahrt Hoek van Holland - Harwich, waren sie aber nicht, fuhren von Newcastle nach Edinburgh.
Insgesamt war der Tag sehr anstrengend und komme nach 8 Std und 5 Min in Longhoughton im Number One von Christine & Richard gut an. Tolles Zimmer, sehr nette Leute. Super.
Will Deutschland-Spiel im Pub sehen, finde den aber nicht, 3 auf der naheliegenden Airforce-Base nehmen mich in ihrem Auto mit, wo man hofft, dass England nicht gegen uns muss.
Essen faellt uebrigens aus, es gab im Pub nichts, dafuer Deutschland-feindliche Aeusserungen eines Gastes, fuer die sich die anderen Gasete bei mir entschuldigen.
Die technischen Daten: Puls 114, Steigerung im Schnitt 5 %, max. 14 %, Schnitt 18,1 km/h, max. 50 km/h, Temp. min 16 Gard, max 27, weiterhin trocken und sonnig.

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