Sonntag, 19. Juni 2011

28.5.2011 - Haugesund - Vik/Orre - 106 km

Der Morgen bestätigt leider die Wettervorhersage, es regnet in Strömen. Nach dem Frühstück werden alles Schutzmaßnahmen gg. Wasser von oben und unten angelegt. Kurz nach 9.00 Uhr mache ich mich auf den Weg bei kräftigem Regen und noch kräftigerem Gegenwind. Die natürlichen Feinde des Radfahrers lassen grüßen.
Mein erstes Tagesziel ist die Fähre von Skudeneshavn nach Mekjarvik über Skudenes- und Boknafjord. Während die gestrigen Fähren alle 30 bzw. 60 Minuten fuhren, verkehrt diese nur viermal am Tag. Zweimal morgens, einmal mittags um 13.50 Uhr und einmal abends. 13.50 Uhr ist mein Fixpunkt und bis dort sind es 53 km. Sollte eigentlich kein Problem sein, aber bei der Fahrt über die Brücke über den Karmsundet auf die vorgelagerte Insel Karmoy kommen mir da doch leichte Zweifel. Der Fahrradweg knapp einen Meter breit, das Geländer nur einen Meter hoch und immer wieder zügig vorbeifahrende PKW und LKW und dazu noch heftige Windboen bei einer kräftigen Steigung bis zum Brückenscheitelpunkt. Die Abfahrt ist mindestens genauso spannend und kritisch, die Bremsen beißen. Es gibt entspanntere Radwege.
Die Ausschilderung auf Karmoy könnte auch deutlich verbessert werden. So verpasse ich den Abweig über Nordbo und Landa und fahre entlang Hauptstraße direkt nach Avaldsnes einem alten Häuptlingssitz und dem ersten norwegischen Königshof. Die dort vorhandenen umfangreichen archälogischen Ausgrabungen lasse ich links im Regen liegen und kämpfe mich endlich wieder auf Nebenstraßen und der richtigen Strecke mühsam gegen Wind und Regen voran bis Kopervik und damit zu meinem zweiten unbefestigen Wegabschnitt, der dank des Regens eine unheimlich Anziehungskraft auf meine Reifen ausübt, ich habe das Gefühl, die Reifen kleben am Boden fest. Weiter gehts und ich verpasse mal wieder einen Abzweig, da das Schild fehlt, so verpasse ich Veavagen und komme zügig nach Sevlandsvik und Akrehamn. Kein Windschutz, immer leicht rauf und runter bei weiterhin leichtem Regen nach Sandhaland und Sandve. Endlich erreiche ich nach Durchfahrt von Syre Skudeneshavn, einen alten Fischerhafen mit mehr als 100 weißen Holzhäusern aus dem 19. Jahrhundert. Schön anzuschauen, zumal der Regen aufgehört hat. Ich rolle durch das alte Centrum von Skudeneshavn um 13.00 Uhr zum Fähranleger und versuche mich im Fährkiosk bei Kaffee mit Pommes und Polser ein wenig aufzuwärmen und zu trocknen.
Ein Zimmermann aus Frankfurt, der in der Nähe von St. Gallen in der Schweiz arbeitet, setzt sich zu mir an den Tisch. Er fährt allein mit dem Wohnmobil durch Norwegen und ist auf dem Heimweg.
Während der Fährfahrt reißt der Himmel auf und die Sonne kommt kurzzeitig durch, leider nicht lang. Nach einem kurzen Stopp auf die Insel Kvitsoy legt die Fähre um 15.00 Uhr in Mekjarvik wieder auf dem Festland an. Die Fähren haben in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verloren, da diverse Tunnel gebaut worden sind, die vom Autofernverkehr genutzt werden.
Ich befinde mich jetzt vor den Toren von Stavanger und fahre fast immer mit Blick auf die offene Nordsee entlang der Küste durch ehemals kleine und unbedeutende Fischerorte, die durch den Öl- und Gasboom vor Norwegens Küste heute zu Wohnvororten und/oder industriell geprägte Orte geworden sind. Anhand der Bebauung ist gut zu sehen, dass hier viel Geld vorhanden ist und man seinen Reichtum auch durch extravagante Architekur auch zeigen will.
Der Radweg ist indes nicht so schön, viele unbefestigte Abschnitte, zum Teil direkt über Felsen, so daß mich Jogger locken überholen, fehlende Schilder ....... und wieder Regen und der unverändert kräftige Gegenwind. Positiv ist nur, dass es flacher wird.
So lasse ich die Ortschaften Randaberg (dank eines etwas größeren Umweges), Goa, Kvernavik, Tananger, Sola hinter mir und komme hinter dem Flughafen von Stavanger allmählich nach Jaeren, das größte landwirtschaftlich genutzte Gebiet Norwegens mit vielen Gewächshäusern. Die letzten 20 km von Tjelta bis zu meinem heutigen Tagesziel Vik kann ich dann doch noch die Abendsonne bei nachlassendem Wind genießen. Immerhin etwas nach einem wetter- und wegetechnisch total frustierenden Radtag.
Meine B&B Unterkunft von Bjorg Sunden erreiche ich um 19.00 Uhr. Sehr freundliche Empfang, Waschservice, die Schuhe werden mittels einer speziellen Schuhheizung getrocknet. Sehr schöner Blick auf die Nordsee, der mich bei Schauen des Championsleague-Finales zwischen Barca und ManU immer wieder ablenkt.
Mein Abendessen besteht heute aus einer Tafel Schokolade, da keine Essen-/Verpflegungsmöglichkeit vor Ort vorhanden ist.
Wieder ein sehr harter Radtag bei Temperaturen zwischen 7 und 12 Grad, nahezu durchgehendem Dauerregen und meist kräftigem Gegenwind und ca. 800 bis 1.000 Höhenmetern.
Ich hoffe auf besseres Wetter, zumal jetzt erst die wirklich anspruchsvollen Etappen auf dem NSCR durch Fjordnorwegen vor mir liegen.

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