Sonntag, 19. Juni 2011

27.05.2011 - Bergen - Haugesund - 160 km

Nach der Ausfahrt aus dem Hafengelände geht es unmittelbar an dem ältesten und bekanntesten Stadtteil von Bergen dem Hanseviertel Bryggen (auf einen Besuch verzichte ich, da ich im August d.J. noch einmal nach Bergen kommen werde) vorbei geht es erstmal zum Geldautomaten. Nach kurze Suche finde ich einen und sofort geht die Suche nach dem richten Weg los. Trotz guten Kartenmaterials aus dem Castorforlag und ergänzenden Ausdrucken aus dem internet-Angebot von Falk ist es schwierig, den richtigen Weg zu finden bzw. auf diesem zu bleiben. Bergen mit seinen 240.000 Einwohnern ist die zweitgrößte Stadt Norwegens und (wie so viele andere) angeblich auf sieben Hügeln erbaut. Die angeblich regenreichste Stadt auf unserer Erdkugel (an 200 von 365 Tagen soll es regnen) zeigt am heutigen Freitag ihr Sonntagsgesicht, viel grün, Sonne und bayrischer Himmel.
Endlich aus dem Straßen-Wirr-Warr des Centrums hinaus geht es dann einige Kilometer zügig voran, aber dann. Keine oder eine mehr als merkwürdige Beschilderung, die Auskünfte der Bergener sind mehr oder minder nicht hilfreich, sofern sie denn englisch verstehen. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Frei nach "Schnauze" fahre ich weiter und komme dann an eine Großbaustelle - eine Auszeichnung der Nordsjoroute ist zwar vorhanden, aber sie hilft nicht weiter. Zwei Einheimische geben wir zwei völlig von einander abweichende Weghinweise. Ich entscheide mich für den Falschen. So gewinne ich zügig mehr als 100 Höhenmeter entlang der E 39 bis ich nach ca. 5 km feststellen muß, der sehr gute Radweg endet auf einmal. Also wieder zurück und dann den anderen Weg suchen. Es klappt dank eigener Orientierung und FALK-internet-Ausdruck dann doch. Aber mein Zeitplan ist schon mal "im Eimer".
Endlich komme ich raus aus Bergen und es geht ins Grüne und damit den ersten kräftigen Anstieg hinauf auf 230 m über dem Meeresspiegel. Eigentlich problemlos, aber das Gepäck, nur 100 km Training auf dem Tourenrad und ein völlig unrhythmischer Anstieg mit Passagen von ca. 15 % Steigung lassen die Oberschenkel brennen.
Endlich nach Durchfahrt des kleinen Städtchens Osoyro und 4 Stunden (statt anvisierter 2 1/2 Stunden) und rechn. 50 km (da mein Tacho fast komplett den Dienst bei Ausfahrt aus dem Bauch der Fähre eingestellt hat, basieren die km-Angaben auf den sehr konkreten Angaben in meinem Kartenmaterial) erreiche ich den Fähranleger in Hjalhem, von wo ich in ca. 40 Minuten nach Sandvikvag auf der Insel Stord übersetze. Auf der Fährfahrt stärke ich mich bei einem norwegischen hot-dog.
Um 13.40 Uhr verlasse ich die Fähre und darf mich gleich einen kräftigen Anstieg hochkämpfen. Stord soll relativ flach sein, aber flach in Norwegen heißt, es geht fast immer leicht, des öfteren auch mal heftiger rauf und runter. So fahre ich über eine relativ dünn besiedelte Insel vorbei an unendlich vielen Sommerhäusern und nur ab und an mal durch einen größeren Ort. So erreiche ich nach einer doch recht anstrengenden Fahrt über 37 km den größten Ort Leirvik mit seinen rd. 10.000 Einwohnern. Viele weiße Häuser und viel Verkehr und wieder Mal schlechter Ausschilderung der Nordsjoroute. Einige Nachfragen bringen mich auf den richtigen Weg zu den beiden jeweils ca. 50 m hohen Brücken Stordabrua (1077 m lang) und Bomlabrua (998 m lang). Bei Gegenwind ist das kein Zuckerschlecken. So komme ich über die Inseln Foyro und Spissoya auf die nächste größere Insel Bomlo und damit meinem nächsten Fährhafen Langevag näher. Bomlo ist menschenleer. Ich komme nur durch sehr kleine Orte und vorbei an verstreut liegen Sommerhäusern. Nach wenigen Kilometern auf Bomlo bricht mir die Verbindung zwischen Rahmen und Gepäckträger - Materialermüdung. Mein flexibles kräftiges Fahrradschloss ist die Lösung. Weiter geht die Fahrt durch Natur pur und nach insgesamt gut 130 km erreiche ich kurz vor 18.00 Uhr Langevag. Es hat sich im Laufe des Tages immer mehr abgekühlt, mein Thermometer zeigt nur noch 7 Grad, die Sonne ist fast ganz hinter Wolken verschwunden und der anfänglich leichte Gegenwind hat immer mehr zugenommen. Es gibt schönere Radtage als diesen, aber es kann schlimmer kommen. Nach 20 Minuten Fährfahrt erreiche ich wieder Festland. Die letzten knapp 30 km bis Haugesund sind wie die vorhergehenden 130 km, viel Natur, wenige Häuser und noch weniger Ortschaften. Haugesund (Hauge = Hügel, Sund = Meerenge) hat rd. 32.000 Einwohner und war mal ein bedeutender Heringshafen. Das Zentrum ist von nahezu quadratisch angelegten Straßenzügen geprägt und damit für einen Touri gut zu übersehen. Meine vorgebuchte Unterkunft finde ich problemlos, aber leider komme ich nicht hinein. Es ist 20.00 Uhr, die Rezeption soll bis 21.00 Uhr besetzt sein, ist sie aber nicht, eine Klingel ist nicht vorhanden, auf Klopfen gibt es keine Reaktion. Nun ja, zurück zum vorher links liegen gelassenen Best Western Hotel, wo ich ein Einzelzimmern und einen abgeschlossenen Abstellplatz für mein Fahrrad bekomme.
Die Dusche ist ein Hochgenuss und das Essen in Form einer sehr schmackhaften Pizza in einem Restaurant unter einem Heizstrahler draußen direkt am Wasser des Karmsundet der Abschluss eines sehr anstrengenden Tages.
Die einzigen Daten des Tages waren die Höhenmeter, die mein Tacho (wenn es denn stimmen sollte) mit gut 2.400 angibt. Gefühlt kommt das in etwa hin, aber Gefühle trügen ja manchmal.

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