3. Donnerstag 19. Juni 2008
Egmont Binnen - Holwerd - 165 km
Ich wache bei strahlend blauem Himmel auf, allerdings hat der Wind noch mehr zugenommen. Nach dem ordentlichen stay-o.k.-Frühstück mache ich mich kurz vor 9.00 Uhr auf den Weg nach Alkmaar. Es hat sich deutlich abgekühlt und die Windböen erfordern höchste Konzentration beim Fahren. Rücken- und rückwärtiger Seitenwind sind angenehm, aber wehe der Wind kommt von vorn, dann ist man ganz schnell im einstelligen Tempobereich.
Alkmaar ist schon schön, eben typisch holländisch, mit Kanälen und Grachten.
Das Kaasmuseum ist noch nicht geöffnet, der Kaasmarkt findet nur am Freitagvormittag von Anfang April bis Anfang September statt.
Auf dem Weg aus der Stadt fängt es an zu regnen – Regenzeug raus. Es wird immer ungemütlicher. Wenn der Regen ins Gesicht schlägt, möchte ich am liebsten absteigen, ich sehe nichts mehr, die Brille ist beschlagen. Endlich nach 5 km Gegenregenstrecke habe ich den Wind und den Regen wieder im Rücken und die hollanduntypisch eher schlechten Radwegpassagen gehen wieder in eine Radautobahn über. Kurz vor Callantsoog wechsele ich vom Radfernweg LF 1 b, der vom Süden in den Norden Hollands verläuft, auf den Radfernweg LF 10 a, nun geht es von West nach Ost Richtung Ijsselmeer. Unterwegs treffe ich im Regen zwei junge Burschen aus München und Kattwijk, die in gut 10 Tagen nach Hamburg mit dem Rad von Kattwijk aus wollen. Die beiden zelten und sind für Regenfahrten nicht so richtig ausgerüstet, das Wasser stand den beiden in den Schuhen und bei einem dürfte die fehlende Regenjacke eine ordentliche Erkältung nach sich ziehen. Da ich mich für eine Variante ohne Gegenwind entscheide, trennen sich unsere Wege nach einigen Kilometern bei gegenseitig besten Wünschen.
Durch die Provinz Noord-Holland geht es über Hippolytushoef nach Den Oever und damit zum Afsluitdijk, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt. Kurz vor Den Oever hört es auf zu regnen, aber den Wind habe ich weiterhin im Rücken. Neben einer vierspurigen Autobahn gibt es die obligatorische „Radautobahn“. Die gut 30 km lange fasst schnurgerade Strecke schaffe ich in weniger als einer Stunde – und das ohne große Anstrengung, mich erfasst ein Hochgefühl – über Gegenwind möchte ich mir lieber keine Gedanken machen, da braucht man vermutlich 2 ½ bis 3 Stunden. Links der Deich, rechts das Ijsselmeer und die Autobahn. Am Anfang und am Ende des Deiches gibt es jeweils Schleusen, durch die Schiffe in das Ijsselmeer hinein oder hinaus fahren können. Zwischendurch gibt es zwei bei Beginn des Baus des Abschlussdeiches geschaffene künstliche Inseln, auf denen u.a. Raststätten (und ein Campingplatz) geschaffen wurden, auf den Zufahrten fährt man den Autos entgegen – das quasi auf der Autobahn – in Deutschland wohl undenkbar.
Vorbei an Zurich (nicht in der Schweiz) geht’s bei Seitenwind und ersten „Löchern“ in den Beinen Richtung Harlingen, neben Den Helder dem zweiten bedeutenden Fährhafen zu den westfriesischen Inseln Texel, Vlieland, Terschelling. Chaos am Fährhafen, Busse, Bahn, Autos und Fietsen, alle bringen Urlauber für die Inseln. Ein Holländer ohne Fietsen hat hier Seltenheitswert. Bei Milchkaffee und Apfelkuchen mit Sahne beobachte ich das Treiben in diesem Ameisenhaufen.
Nachdem ich mich ein wenig regeneriert habe geht es weiter Richtung Friesland, die Dünen sind wieder verschwunden, dafür gibt es Deiche, Deiche, Deiche, ein Polder folgt dem nächsten, Häuser haben seltenheitswert. Im Hinterland sind die Dörfer auf Warften erbaut, die Küstenlinie verlief früher sehr weit im heutigen Binnenland, das aber immer noch sturmflutgefährdet ist, daher auch die verschiedenen Deichlinien, die an der Küste direkt 9.00 m hoch sind.
Weites Land mit riesigen Getreidefeldern (Roggen, ab und an Weizen) und Grasflächen auf denen Schafe und Kühe und gelegentlich Pferde weiden.
Harlingen ist übrigens eine der elf Städte, die beim berühmten Eislaufmarathon über mehr als 200 km durchlaufen werden, Der „Elfstedentocht“ , der durch alle 11 Städte Frieslands führt, findet immer nur dann statt, wenn die Kanäle, Grachten und Flüssen mind. 15 cm zugefroren sind. Angesichts der zunehmend milderen Winter findet dieses Volksfest mit hunderttausenden an Zuschauern und tausenden von Teilnehmern nur noch sehr selten statt. Dafür gibt es aber den rd. 230 km langen Rad-Elfstedentocht durch Friesland, den man immer fahren kann, und das garantiert mit ordentlich Gegenwind auf großen Teilen der Strecke.
Da meine Kette Geräusche macht, kommt das Kettenöl und der Schraubenzieher zum Einsatz mit der Folge, daß ich die Kette auf den vorderen Kränzen nicht mehr schalten kann. Macht nix, ist ja flach, und die Schleifgeräusche sind passe.
Vorbei an so vielversprechenden Ortsnamen wie Sexbierum, Osterbierum, Tzummarum geht es nach Sint Jacobiparochie und weiter vorbei an Sint Annaparochie – alles kleine Dörfer – und dem Gasthaus Zwarte Haan (hab aber keinen Haan gesehen).
Weiter geht es durch die immer gleiche Landschaft auf oder neben Deichen zwischen Schafen und Kühen Richtung Weste, die Ortschilder tragen Namen wie ... Bildtdijk, Hallum, Marrum, Hogebeinturm, Blija und endlich Holwerd, den ich kurz vor 18.00 Uhr erreiche.
Der größte Ort an der Küste hier im (Niemands-)Land der Polder, Deiche und Schafe, zwei Hotels, beide ausgebucht, auf dem Campingplatz gibt es Hütten ausgebucht, aber Gott sei Dank hat der Betreiber noch einen Campingwagen, den er vermietet. Für 20 Euro habe ich eine Bleibe für die Nacht.
Das Abendessen im Hotel lässt die Kräfte zurückkehren. Neben mir sitzen sechs Gastarbeiter am Tisch, aus Bulgarien, die offenbar in Friesland ihr Geld als Handwerker verdienen. Ohnehin fallen mir in Friesland sehr viele Autos mit Kennzeichen aus Ländern Osteuropas auf.Abends geht es Viertelfinale in einem der Hotels auf Großbildleinwand gucken, Deutschland – Portugal. Neben mir ist noch ein weiterer Deutscher dabei, der mir dann auch erzählt, warum die Hotels im Umkreis von mehr als 50 km ausgebucht sind: In Leeuwarden, der friesischen Hauptstadt, findet an diesem Wochenende eine große Flugschau statt, zu der mehr als 250.000 Zuschauer erwartet werden, die aus ganz Europa wohl anreisen. Das Spiel ist Klasse, ich bin der Liebling aller Holländer, da ich den Europameistertitel für Holland vorhersage im Endspiel gegen Deutschland. Ein sehr netter und fußballerisch erfolgreicher Abend, an dem ich auch noch das Motto von vier holländischen Radwanderern erfahre. Sie fahren immer immer dorthin wohin der Rückenwind sie treibt – klingt eigentlich vernünftig.
Die Nacht im Campingwagen ist kühl und der Weg zur Toilette nach diversen Bierchen beim Fußball immer sehr weit.
7 ½ Stunden im Sattel, UPM 56, Durchschnittgeschwindigkeit 22 km/h.
Ich wache bei strahlend blauem Himmel auf, allerdings hat der Wind noch mehr zugenommen. Nach dem ordentlichen stay-o.k.-Frühstück mache ich mich kurz vor 9.00 Uhr auf den Weg nach Alkmaar. Es hat sich deutlich abgekühlt und die Windböen erfordern höchste Konzentration beim Fahren. Rücken- und rückwärtiger Seitenwind sind angenehm, aber wehe der Wind kommt von vorn, dann ist man ganz schnell im einstelligen Tempobereich.
Alkmaar ist schon schön, eben typisch holländisch, mit Kanälen und Grachten.
Das Kaasmuseum ist noch nicht geöffnet, der Kaasmarkt findet nur am Freitagvormittag von Anfang April bis Anfang September statt.
Auf dem Weg aus der Stadt fängt es an zu regnen – Regenzeug raus. Es wird immer ungemütlicher. Wenn der Regen ins Gesicht schlägt, möchte ich am liebsten absteigen, ich sehe nichts mehr, die Brille ist beschlagen. Endlich nach 5 km Gegenregenstrecke habe ich den Wind und den Regen wieder im Rücken und die hollanduntypisch eher schlechten Radwegpassagen gehen wieder in eine Radautobahn über. Kurz vor Callantsoog wechsele ich vom Radfernweg LF 1 b, der vom Süden in den Norden Hollands verläuft, auf den Radfernweg LF 10 a, nun geht es von West nach Ost Richtung Ijsselmeer. Unterwegs treffe ich im Regen zwei junge Burschen aus München und Kattwijk, die in gut 10 Tagen nach Hamburg mit dem Rad von Kattwijk aus wollen. Die beiden zelten und sind für Regenfahrten nicht so richtig ausgerüstet, das Wasser stand den beiden in den Schuhen und bei einem dürfte die fehlende Regenjacke eine ordentliche Erkältung nach sich ziehen. Da ich mich für eine Variante ohne Gegenwind entscheide, trennen sich unsere Wege nach einigen Kilometern bei gegenseitig besten Wünschen.
Durch die Provinz Noord-Holland geht es über Hippolytushoef nach Den Oever und damit zum Afsluitdijk, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt. Kurz vor Den Oever hört es auf zu regnen, aber den Wind habe ich weiterhin im Rücken. Neben einer vierspurigen Autobahn gibt es die obligatorische „Radautobahn“. Die gut 30 km lange fasst schnurgerade Strecke schaffe ich in weniger als einer Stunde – und das ohne große Anstrengung, mich erfasst ein Hochgefühl – über Gegenwind möchte ich mir lieber keine Gedanken machen, da braucht man vermutlich 2 ½ bis 3 Stunden. Links der Deich, rechts das Ijsselmeer und die Autobahn. Am Anfang und am Ende des Deiches gibt es jeweils Schleusen, durch die Schiffe in das Ijsselmeer hinein oder hinaus fahren können. Zwischendurch gibt es zwei bei Beginn des Baus des Abschlussdeiches geschaffene künstliche Inseln, auf denen u.a. Raststätten (und ein Campingplatz) geschaffen wurden, auf den Zufahrten fährt man den Autos entgegen – das quasi auf der Autobahn – in Deutschland wohl undenkbar.
Vorbei an Zurich (nicht in der Schweiz) geht’s bei Seitenwind und ersten „Löchern“ in den Beinen Richtung Harlingen, neben Den Helder dem zweiten bedeutenden Fährhafen zu den westfriesischen Inseln Texel, Vlieland, Terschelling. Chaos am Fährhafen, Busse, Bahn, Autos und Fietsen, alle bringen Urlauber für die Inseln. Ein Holländer ohne Fietsen hat hier Seltenheitswert. Bei Milchkaffee und Apfelkuchen mit Sahne beobachte ich das Treiben in diesem Ameisenhaufen.
Nachdem ich mich ein wenig regeneriert habe geht es weiter Richtung Friesland, die Dünen sind wieder verschwunden, dafür gibt es Deiche, Deiche, Deiche, ein Polder folgt dem nächsten, Häuser haben seltenheitswert. Im Hinterland sind die Dörfer auf Warften erbaut, die Küstenlinie verlief früher sehr weit im heutigen Binnenland, das aber immer noch sturmflutgefährdet ist, daher auch die verschiedenen Deichlinien, die an der Küste direkt 9.00 m hoch sind.
Weites Land mit riesigen Getreidefeldern (Roggen, ab und an Weizen) und Grasflächen auf denen Schafe und Kühe und gelegentlich Pferde weiden.
Harlingen ist übrigens eine der elf Städte, die beim berühmten Eislaufmarathon über mehr als 200 km durchlaufen werden, Der „Elfstedentocht“ , der durch alle 11 Städte Frieslands führt, findet immer nur dann statt, wenn die Kanäle, Grachten und Flüssen mind. 15 cm zugefroren sind. Angesichts der zunehmend milderen Winter findet dieses Volksfest mit hunderttausenden an Zuschauern und tausenden von Teilnehmern nur noch sehr selten statt. Dafür gibt es aber den rd. 230 km langen Rad-Elfstedentocht durch Friesland, den man immer fahren kann, und das garantiert mit ordentlich Gegenwind auf großen Teilen der Strecke.
Da meine Kette Geräusche macht, kommt das Kettenöl und der Schraubenzieher zum Einsatz mit der Folge, daß ich die Kette auf den vorderen Kränzen nicht mehr schalten kann. Macht nix, ist ja flach, und die Schleifgeräusche sind passe.
Vorbei an so vielversprechenden Ortsnamen wie Sexbierum, Osterbierum, Tzummarum geht es nach Sint Jacobiparochie und weiter vorbei an Sint Annaparochie – alles kleine Dörfer – und dem Gasthaus Zwarte Haan (hab aber keinen Haan gesehen).
Weiter geht es durch die immer gleiche Landschaft auf oder neben Deichen zwischen Schafen und Kühen Richtung Weste, die Ortschilder tragen Namen wie ... Bildtdijk, Hallum, Marrum, Hogebeinturm, Blija und endlich Holwerd, den ich kurz vor 18.00 Uhr erreiche.
Der größte Ort an der Küste hier im (Niemands-)Land der Polder, Deiche und Schafe, zwei Hotels, beide ausgebucht, auf dem Campingplatz gibt es Hütten ausgebucht, aber Gott sei Dank hat der Betreiber noch einen Campingwagen, den er vermietet. Für 20 Euro habe ich eine Bleibe für die Nacht.
Das Abendessen im Hotel lässt die Kräfte zurückkehren. Neben mir sitzen sechs Gastarbeiter am Tisch, aus Bulgarien, die offenbar in Friesland ihr Geld als Handwerker verdienen. Ohnehin fallen mir in Friesland sehr viele Autos mit Kennzeichen aus Ländern Osteuropas auf.Abends geht es Viertelfinale in einem der Hotels auf Großbildleinwand gucken, Deutschland – Portugal. Neben mir ist noch ein weiterer Deutscher dabei, der mir dann auch erzählt, warum die Hotels im Umkreis von mehr als 50 km ausgebucht sind: In Leeuwarden, der friesischen Hauptstadt, findet an diesem Wochenende eine große Flugschau statt, zu der mehr als 250.000 Zuschauer erwartet werden, die aus ganz Europa wohl anreisen. Das Spiel ist Klasse, ich bin der Liebling aller Holländer, da ich den Europameistertitel für Holland vorhersage im Endspiel gegen Deutschland. Ein sehr netter und fußballerisch erfolgreicher Abend, an dem ich auch noch das Motto von vier holländischen Radwanderern erfahre. Sie fahren immer immer dorthin wohin der Rückenwind sie treibt – klingt eigentlich vernünftig.
Die Nacht im Campingwagen ist kühl und der Weg zur Toilette nach diversen Bierchen beim Fußball immer sehr weit.
7 ½ Stunden im Sattel, UPM 56, Durchschnittgeschwindigkeit 22 km/h.
Nordseerundum per Bike - 26. Jun, 17:58