Sonntag, 19. Juni 2011

31.5.2011 Lista-Halbinsel - Kristiansand - 135 km

Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker, es regnet unverändert. Ab 6.00 Uhr gibt es Frühstück. Alles einpacken und um 7.00 Uhr geht es los.
Die ersten 30 km nach Farsund (9.500 Einwohner) am Lyngdalsfjorden verlaufen weitgehend flach, 4 km allerdings auf unbefestigten Wegen mit vielen Kuhfladen, Achtung Rutschgefahr im Nassen. Es ist jetzt fast trocken, aber eben nur fast.
Dann gehts wieder zur Sache, unbefestigte Wege lt. Karte und auf wenigen Kilometern zweimal heftig rauf und runter auf 145 bzw. 160 m. Vorher muss ich aber noch die Bremsen nachstellen, die Bremswirkung tendiert gen null. Dann Überraschung, der unbefestigte Weg ist asphaltiert. Dafür ist die Steigung um so heftiger, schieben auf nassen Asphalt mit meinen Schuhplatten ist ungefähr so wie Schlittschuhlaufen ohne Hohlschliff in der Kufe, man rutscht ständig weg. Endlich oben. Dafür aber jetzt wieder unbefestigter Weg und es geht abwärts fast runter bis zum Rosfjorden bevor es wieder auf 160 m hoch geht. Wieder Schieben. Ich bin jetzt schon völlig ausgelaugt. Für 5 km brauche ich eine gute Stunde. Endlich wieder Asphalt nach Lyngdal. Mir läuft die Zeit davon und der nächste aber vermeintlich auch letzte Hammeranstieg auf 220 m liegt vor mir. Zeitweise wieder schieben, die Beine versagen den Dienst. Munter geht es anschließend rauf und runter, "Fjord ich seh dir kommen" und anschließend leider auch wieder den Anstieg, zwar nicht mehr so hoch, aber dreimal 60 Höhenmeter zählen auch nicht rückwärts. Endlich erreiche ich Spangerreid und damit das Ende der Fjordtorturen. Ab jetzt wird es angenehmer. Eine Welle folgt der nächsten, Schwung aus der Abfahrt mitnehmen und dann den nächsten Anstieg mit Volldampf auf dem großen Kettenblatt in Angriff nehmen. Nur ab und an muß ich mal auf die kleinste Übersetzung zurückschalten. Die Strecke schlaucht. In Vigeland kann ich nochmal die Getränkeflaschen auffüllen, bevor ich mich auf die letzten 12 km bis nach Mandal, der mit 13.000 Einwohnern südlichsten Stadt Norwegens, meinem ursprünglichen Tagesziel für heute, mache. 8 km mal wieder unbefestigt, klebriger Boden, nicht schön, aber es geht ja nur zweimal auf 80 bzw. 90 m hoch. Zum Schluß übern Golfplatz, Einfahrt nach Mandal, der weißen Stadt, sieht ganz nett aus, aber nach den Beschreibungen in den Informationsunterlagen hatte ich mehr erwartet.
Weiter, die Uhr läuft unaufhaltsam. Aber jetzt wird es tatsächlich flacher, höchster Punkt bis kurz vor Kristiansand 50 m über dem Meer, das schaffen wir ja mit dem linken Bein. Schön wärs, ich muß immer wieder hoch quälen, da der Schwung aus der Abfahrt zu oft nicht bis zum nächsten Wellenscheitelpunkt läuft. Nach einem erforderlichen kurzen technischen Stop (die Kette mußte nochmal geölt werden) und letzter Zufuhr legaler Dopingmittel wie Power- und Müsliriegel geht es hinter Harkmark nach Lunde. Da die Uhr schon zu weit vorgelaufen ist, verzichte ich auf die Befahrung des offiziellen Weges rund um Sogne und suche mir meinen Weg oberhalb von Sogne. Geklappt, nur einmal kurzer Orientierungsstopp, ich bin nach 3 km und damit ersparten 7 km wieder auf dem rechten Weg. Im Tal eines kleinen Flußlaufs geht es links und rechts der E 39 auf Nebenstraßen die letzten 15 km. Problemlos bewältige ich die ersten 7 km und stehe dann vor der Entscheidung, 4,5 km unbefestigter Weg hoch auf 130 m oder Risiko und auf dem am Abzweig noch vorhandenen Radweg entlang der E 39. Leider kommt mir kein Radler entgegen, den ich fragen könnte, ob der Radweg an der E 39 runter bis zum Hafen geht. Ich entscheide mich für die offizielle Route in der Hoffnung, dass es nicht zu steil wird - leider werden meine Hoffnungen nicht erfüllt, steil, steiler, schieben, 2 km bestimmt. Da kommt mir ein Holländer entgegen, der auf dem Weg zum Nordkap ist, hätte gern länger mit ihm gesprochen, zumal es der erste Tourenradler ist, der das Gespräch sucht (vorher waren mir nur 3 mürrischen Radler mit Gepäck entgegen gekommen, die durch ihre Körpersprache schon signalisierten, dass bei ihnen kein Bedarf an smalltalk besteht). Er macht mir wenig Hoffnung, in den mir verbleibenden 40 Minuten bis zur Abfahrt der Fähre noch den Fährterminal rechtzeitig zu erreichen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, weiter, fahren, schieben, endlich habe ich den höchsten Punkt erreicht und es geht nur noch abwärts, allerdings langsam, da der Weg sehr feucht und weich sowie mit lockeren Kieseln durchsetzt ist. Endlich erreiche ich Asphalt, noch 25 Minuten bis zur Abfahrt. Wieder einmal, wie fast immer in den größeren Ortschaften/Städten keine oder eine sehr schlechte Ausschildung. Anhalten und Passanten fragen. Ich bin zwar auf der falschen Straße, aber auf dem richtigen zum Fährterminal.

Um 16.12 Uhr sehe ich die Schnellfähre der Color Line im Hafen liegen. Jetzt noch schnell einige Schleifen auf dem Hafengelände und ich bin am Check-In. Ich habe die Fähre geschafft, bin völlig geschafft. Rauf auf die Fähre auf dem Bus- , Wohnmobil- und LKW-Deck. Rad festzurren, hoch mit dem Fahrstuhl, Behinderten-WC kapern, frisch machen, umziehen.
Kleinigkeit essen, Flüssigkeit aufnehmen und schlafen. Letzteres klappt nicht, da die Sitzgelegenheit offenbar bewußt so gestaltet sind, dass man hier eigentlich nicht schlafen kann. Die Fahrgäste sollen konsumieren, im duty-free-shop oder im Casino ihr Geld lassen. Die Skandinavier fahren mit vollgepackten Einkaufswagen durch die Decks und mit diesen auch runter zu den Autodecks zum umladen - tragen können sie die Mengen nicht.
Endlich legt die Fähre in Hirtshals pünktlich um 19.45 Uhr an. Ich darf als erster die Fähre verlassen. Die letzten 5 km auf dem Rad zum Parkplatz schaffe ich bei strahlendem Sonnenschein leicht und locker.
Kurz nach 20.00 Uhr Abfahrt nach Buxtehude, wo ich um kurz vor 1.00 Uhr hundemüde, total erschöpft aber glücklich und zufrieden ankomme.
Ich habe mein Vorhaben, die Nordsee auf dem Fahrrad zu umrunden, geschafft.

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01. 2007 - Prolog
02. 2007 - Start
03. 2007 - Norwegen
04. 2007 - Schweden
05. 2007 - Dænemark
06. 2007 - Deutschland
07. 2008 - es geht weiter
08. 2008 - Belgien
09. 2008 - Holland
10. 2008 - Deutschland II
11. 2010 -Großbritannien
12. 2010 - Schottland - Shetlands, Orkneys, Highlands
13. 2010 - Schottland - der Süden
14. 2010 - England
15. 2011 Norwegen II
16. Abschließende Zusammenfassung
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